Pech mit Wilson´s kesser Rippe

Und immer lockt das Steak…

Endlich mehr Steak in der Hauptstadt. Wie haben es doch die Amerikaner besser, wenn Sie die grandiose Auswahl an diversen Stücken und Schnitten haben, von denen uns in Deutschland viele vorenthalten werden. Immerhin findet sich in Berlin bereits ein sehr ordentliches Porterhouse Steak oder das feine Fleisch des italienischen Chianina -Rinds. Nun offeriert uns das Wilson´s also auch ein Prime Rib, eine Hochrippe, die im Niedrigtemperatur-Verfahren gegart wird. Von Konsitzenz und Aroma haben wir es somit eher mit einem Braten zu tun.

„Best Steak in town“ verspricht das Lokal vollmundig. Anscheinend hatte ich großes Pech an diesem Abend. Leider muss ich für meinen Besuch konstatieren: Not today.
In der Räumlichkeit bemerkt man rasch, dass sich zu dem Hotel-Restaurant der sachlich-funktionale Hölzernes LeitmotivCharakter des benachbarten, nur dezent abgeteilten Frühstücks-Bereiches mit niedrigen Decken und fader Stromsparbirnenbeleuchtung gesellt.Ansonsten verfügt die Inneneinrichtung durchaus über ein paar schöne Details, wie die Holzstück-Wand mit durchsägten Ästen, deren Rund sich als Leitmotiv über Teppiche und gläserne Raumteiler geschickt durch das Restaurant zieht.
Die Begrüßung erfolgte schematisch-ruppig durch einen mäßig motivierten Lehrlings-Praktikanten. Hastig wurde ein Pflicht-Schema abgearbeitet: Gnabensiereserviertneindannmirfolgenmomentdochhierentlangzumkatzentischaperitif? Glücklicherweise löste ein kundiger, freundlicher und sehr kenntnisreicher kalifornischer Restaurantleiter den ruppigen Jüngling ab und führt den Gast behutsam in die Tiefen der Hochrippe ein.

Verschieden Größen und Dicken werden offeriert, in der Regel im Bereich 35 bis 45 Euro. Drei Beilagen sind inklusive und beliebig wählbar, beispielsweise Kartoffelgratin, Bohnen, Spinat, Kartofelpürree oder ein Teller vom Salatbüffett. Eine zu feste Sauce Bernaise, eine zu intensive Portweinreduktion und sehr passende Meerrettichspäne kommen zusätzlich dazu. Auf dem Tisch ergänzt eine Schokoladen-Salz-Mischung und ein Kräuterpfeffer das Ensemble.
Traurig ist, wenn man nach dem Besuch eines Steak-Restaurants urteilen muss: Das Beste war das Salat-Büfett. Die Hoffnung, dass die Niedriggar-Methode ein besonders zartes und feines Fleisch und Optisch ansprechendAromaerlebnis bedeutet wurde enttäuscht. Das sehnige Fleisch erforderte medizinische Sezier-Qualitäten, der Teller wurde zum hässlichen Schlachtfeld. Für ein romantisches Date sollte man daher eher nicht einkehren. Fleischeslust konfiguriert sich (in doppelter Hinsicht) auf andere Art und Weise.

Die klassischen Röstaromen eines gegrillten Steaks und die damit verbundene dezente lustvolle Süße des Fleisches kommt bei der Niedriggarmethode nicht zum tragen, auch wenn der Braten zuletzt noch zwecks Krustengewinnung 10 Minuten scharf gegrillt wird. Eine schöne Weinauswahl mit empfehlenswerten offenen Weinen zu fair kalkulierten Preisen und Flaschenweinen von einem günstigen und guten chilenischen Carmenere bis zum Vorzeigetropfen Opus One aus dem Hause Mondavi ist für jeden, ob Genießer oder Poser, etwas dabei.
Ich will gerne glauben, dass ich Pech bei meinem Besuch hatte, vor allem, weil es bereits einige sehr positive Beurteilungen zu hören und lesen gab. Ich will glauben, wie der sympathische Kellner mir versicherte, dass das Fleisch sonst großartig ist, dass Stammgäste, von denen ich keine in dem Hotelrestaurant wahr nehmen konnte, begeistert und vielfach zum Prime-Rib pilgern. Ich glaube nicht, dass es schlau ist, dem Gast zu erläutern, dass der merkwürdige Zustand des Schokoladentörtchens, welches außen kalt und innen heiß daher kommt, von der unsachgemäßen Verwendung der Mikrowelle kommt. Den definitiv notwendige Digestif zur Verdauung des schwer im Magen liegenden Fleischgebildes, wurde an einem anderen Ort eingenommen. Aquavit, dreifach. Wilson´s? Ein weiteres Mal/Mahl? Eine zweite Chance? Im Augenblick verspüre ich da leider keine Lust.

Wilson´s Restaurant im Hotel Crowne Plaza, Nürnberger Strasse 65, 10787 Berlin

www.restaurant-wilsons.de

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6 Kommentare zu “Pech mit Wilson´s kesser Rippe

  1. eichiberlin sagt:

    War mein Bericht so schlimm???

    Ein anonymer Besucher hinterliess mir den bedrohlichen Kommentar: „we do not forgive – we do not forget – expect us“

    Muss ich nun meinen „Champagnersäbel“:https://eichiberlin.wordpress.com/2011/02/11/selbstversuch-schaumwein-und-sabel/ wetzen?

  2. Heinrichs sagt:

    Hm ich habe sogar in Nord-Berliner.de Blog über das Hotel etwas gelesen. Aber nach deinem Bericht bin ich skeptisch ob ich dorten jemals einkehren werde. Vielleicht mal, wenn Besuch in der Stadt ist und diese ein schönes Hotel suchen. Die Bilder reisen mich übrigens auch nicht vom Hocker.
    Danke für die nette Review

  3. kormoranflug sagt:

    Klingt fürchterlich, keine zehn Pferde treiben mich da rein.

  4. eichiberlin sagt:

    Klingt prachtvoll. Dann also nicht Wilson´s best steak in town, sondern Kurbjuhn´s beste Rippe inner Stadt!

  5. Chris Kurbjuhn sagt:

    Laut Website garen Sie das Fleisch erst sous vide, dann grillen sie’s und dann schieben Sie’s zehn Minuten bei 220 Grad in Sden Ofen. Ja, um Himmelswillen! Zuhause brate ich ein Stück Hochrippe scharf an und stell’s mit ein paar Aromaten bei 90 Grad in den Ofen, bis die Kerntemperatur um die sechzig Grad ist. Gibt ohne Firlefanz ein Super-Steak.

  6. karu02 sagt:

    Ich lege jetzt ein Liste an, wo ich Berlin nicht gewesen sein muss. Immerhin hast du das Unappetitliche anschaulich geschildert. So hat wenigstens die Leserin etwas davon.

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