Update: Dieses Restaurant wurde geschlossen.
Wer möchte in diesen Tagen die undankbare Aufgabe haben, ein afghanisches Restaurant zu betreiben? Kaum jemand kommt umhin, mehr oder weniger kluge Bemerkung zur weltpolitischen Lage zu stammeln, kein Tisch kann das Thema UN-Resolution hier und ISAF-Truppen da umkurven. Dabei gilt doch die goldenen kommunikative Smalltalk-Regel: Keine Religion, keine Politik. Funktioniert an diesem Ort garantiert doppelt nicht.
Nicht einmal die Tatsache, dass ein blitzgescheiter, aus dem Dresdner Raum zugewanderter Ur-Berliner in diesem Haus beinahe ein Vierteljahrhundert gelebt hat, vermag zu inspirieren. „Pinsel-„Heinrich Zille war´s, womöglich ist ihm die Tatsache geschuldet, dass biertechnisch Berliner Kindl und Radeberger aus dem Hahn läuft.
Jedenfalls: Küche auf afghanische Art kommt irgendwie zu kurz. Gähnende Leere herrschte an jenem Freitag Abend zwischen 20.00 und 22.30 Uhr. Unser Tisch blieb der einzig besetzte. (Besetzt klingt jetzt auch wieder merkwürdig.)
Dabei machen die Dinge, die aus der Küche getragen werden richtig Vergnügen. Auf den ersten Blick erinnert naturgemäß einiges an die indische und die persische Küche. Spieße, Chutneys und gebackene Gemüse. Lamm an Basmati Reis ist auch dabei und der Begriff „Kebab“ klingt gerade in Berlin recht vertraut. Der Umgang und die Dosierung einiger Gewürze, beispielsweise Chili und Koriander, machen den besonderen Reiz aus.
Der freundliche Wirt beriet mich souverän, als ich mich nach den Gerichten erkundigte, die mir den besten Eindruck seiner Küche vermitteln würden. So wurde eine „Aasch“-Suppe (heißt wirklich so) bestellt, die mir gut mundete. In einer pikanten Brühe mischten sich Nudeln, Bohnen und kräftig gewürzte Hackbällchen (4,50 Euro).
Gegrilltes Lammfleisch vom Spieß mit Reis, Gemüse und Salat bildeten eine reichlichen Hauptgang, der von diversen Dips begleitet wurde. Diese 12,00 Euro waren gut angelegt. Mir sind schon einige richtig verbockte Lammfleisch Gerichte vorgesetzt worden, dieses hier war ein wundervolles, im Inneren zartrosa, Beispiel, wie Lamm sein kann, soll, muss.
Zur Trinkkultur in Afghanistan vermag ich wenig erhellendes beizutragen. Tee gab es natürlich. An die Weine wollte sich niemand so recht wagen. Ansonsten gibt´s noch die „Rixdorfer Faßbrause“, als Brückenschlag zwischen den Welten.
Die Inneneinrichtung ist karg. Kleine Teppicharrengements hängen an den Wänden und werden recht unterkühlt durch Energiesparlampen illuminiert. Aussensitzplätze sind vorhanden. Für die Gegend Klausener Platz, Sophie-Charlotte-Straße sind die Preise, trotz ordentlicher Küchenqualität, womöglich ein Stück zu hoch. Bleibt deshalb der Gastraum so leer, oder liegt´s an der großen Politik?
Sophie-Charlotten-Straße 88, 14059 Berlin-Charlottenburg.
Nachtrag April 2010: Es war damals wohl schon absehbar: Das Restaurant wurde geschlossen.
Sie erwähnen zwar schon das dass Restaurant geschlossen wurde, jedoch sieht man die Privat Nummer noch gut Lesbar. Ich möchte Sie bitten diese zu entfernen da es jetzt meine Privat Nummer ist und hier schon etliche von leute anrufen auch wenn es vill. über andere Seiten ist die ich auch noch anschreiben werde. Danke für Ihr verständniss.
MfG
Benjamin Keller
Danke für den Hinweis, ich habe die Information ergänzt.
Afghan Village
Hallo dieses Restaurant existiert nicht mehr, jedoch wurde der Geschichte dieses Hauses gerecht und es entstand an diesem historischen Ort ein Restaurant welches sich dem Leben und Schaffen Heinrich Zille´s angenommen hat. Es heisst nun Pinselheinrich
MFG
Ulf Jacobi
Ha, das kannte ich noch gar nicht! Bisher dachte ich, das Chrazaan in Schöneberg sei das einzige afghanische Restaurant in Berlin.
ist artemisia…
Hallo Peter, zumindest gefunden habe ich Deinen blog – und ich werde ihn auch öfter mal aufsuchen. Trotzdem ein herber Verlust für kwaip.