Da eine Oase als „Vegetationsfleck in der Wüste“ (Wikipedia) bezeichnet wird, ist es ein klein wenig irritierend, dass man über den Tresen ein Surfbrett montiert hat.
Aber um Wasser soll es ja auch nicht gehen, in dieser behelfsmässigen Schankstätte für Mischgetränke. Wasser von oben trieb mich hinein in den Stadtbahnbogen an der Humboldt-Universität. Die Schrift auf der Markise „Newcastle Ale“ ließ mich das benachbarte, bewährte „Chagall“ links liegen lassen und Obdach in der Oase erflehen.
(Das Newcastle gab es wider Erwarten dann lediglich aus der Flasche statt vom Hahn, weswegen ich den Märkischen Landmann zu 3,20 im halben Liter vorzog.)
Nun beginnt eine verwegene, gleichsam großartige Zeitreise in die späten 1980er Jahre, als man Sol und Corona bestellte und Drinks wie Swimming Pool und Pina Colada toll fand. So ist die Atmosphäre im Inneren – es gibt auch einen netten Aussensitzbereich, aber es regnete ja – mit grässlichen Bodenkacheln, Bambushüttenoptik und Palmenbestückung.
Nun denke man sich bitte das Geräusch, wenn man die Seiten einer klebrigen, laminierten Getränkekarte voneinander löst…..
In selbiger Karte werden ca. 150 Cocktails angeboten, die zumeist unter die Kategorie „tropisch, karibisch, kecker Name“ fallen. Klassiker gibt es kaum. Kein Daiquiri, Manhattan ist falsch geschrieben, 4(!) Gin-Cocktails stehen 16 Coladas gegenüber. Martini gibt es gar nicht. Immerhin listet man eine stattliche Auswahl von 20 alkoholfreien Drinks.
Munteres männliches Mixgetränkepersonal meist mit Migrationshintergrund bespaßt sich gegenseitig mit bewährtem Macho-Getue, welches in Uni-Nähe originell überrascht. Ob ich sie schocke und einen gerührten Martini bestelle? Ich lasse es besser, auch wenn die schwer, fast unmöglich vermeidbare Happy-Hour (von 17 Uhr bis 05 Uhr) lockt.
Stattdessen verspüre ich ein unumgängliches Hungergefühl, welches mich fatalerweise zu der Bestellung eines Nudelgerichtes nötigt. So traurig hat Spaghetti Aglio e Olio noch nie auf einem Teller gelegen. Knoblauch nur in Pulverform, ein Hauch von Chili-Pulver und weil ein genialer Marketingstratege sich wohl überlegt hat: „Frisches Grün muss auf den Teller, aber billig soll es sein…“ gab man reichlichst, überreichlichst Petersilie obendrauf.
Wer jammert da schon für 4,50 Euro zur Fröhlichen-Nudel-und-Pizza-Zeit (vor 17 Uhr, sonst um die 6,50).
Studenten erhalten 10% auf alles. Aber sind hier jemals Studenten? Vermutlich weniger. Die sachdienlichen Finanzhinweise zielen eher auf touristisches Zufallspublikum, oder Pechvögel, die dem Regen entrinnen möchten: „ec- und Kreditkartenzahlung ist nicht möglich.“ Und ganz groß auf der Rechnung: „Service-Tip is not included.“
Es bediente Sie Bediener 09, auf Wiedersehen…..
Georgenstraße 184, 10117 Berlin
Na, is ja noch was Gutes aus Dir geworden;-)
Tja, zuweilen wird kulinarischer Mut belohnt (zuletzt hatte ich da viel Glück), und dann halt auch mal wieder nicht.
Dennoch war es eine kleine Zeitreise in die Erinnerung. Vor 20 Jahren sass ich öfters wie selbstverständlich in solchen Pubertätsgaststätten.
Aber mutig bist Du.