Ich hasse Restaurants mit fantastischen Flaschenweinen und unsäglichen offenen Weinen. So, das musste einmal gesagt werden. „Die Kameraden“ machen es auch nicht wesentlich besser. (Der offene Picpoul ist bäh!)
Dieses Restaurant zu kategorisieren ist nicht einfach, denn man ist mehrfach. Französisches Restaurant im gehobenen Preissegment, Tresensitzbereich unter der hochstaplerischen Bezeichnung „Bar Americain“ und gemütliche Raucherlounge im Obergeschoss. Was denn jetzt?
Ich mag den Gastraum mit seinen nackten Backsteinwänden und den Bildern, die auf leichte Art Bezug zur typisch französischen Brasserie nehmen. Die Servietten sind sehr genial gefaltet. Converse-beschuht schlurft eine dürre Servicekraft daher und nimmt unsere Wünsche entgegen, ohne überzeugend zu beraten.
Egal, die Tageskarte besticht durch fischlastige Kreationen – her damit. Keine Enttäuschung. Die Küche ist sehr, sehr gut. Der Edelfischtopf (€21,50) ist selten zu bekommen und hier nicht nur vorzüglich, sondern auch reichlich. Der Seeteufel von der Tageskarte (zu €23,50) entwickelt sich subtil über feinstes Olivenöl, fantastische Kräutrigkeit und pikantes Sellerie-Karottengemüse zum Hochgenuss.
Mich stört die zunehmende Kumpanei, welche eine eher simple Kneipenatmosphäre heraufbeschwört. Eine „Dame“ am Tresen der „Bar Americain“ hat sich anscheinend vom Stuttgarter Platz hierher verirrt. Kesse Sprüche, raue Kehlakustik und fragwürdige Tanzeinlagen vermögen nur minder zu erheitern. Wir haben sie „Kiezschlampe“ getauft. Ein bewährter Stamm-Copain schneit mit seinem aktiv-neugierigen Hund herein. Selbiger wetzt unter den Tischen umher und rennt auch in die Küche. Hunde haben in nicht-chinesischen Restaurants in meinen Augen nichts verloren. Zumindest in der gehobenen Gastronomie.
Extrem nett ist die Raucherlounge im Obergeschoss. Geräumige Sofas und Ledersessel laden zum verweilen und zum Konsum von Rauchwaren und Getränken, fernab der lästigen Gestalten im Erdgeschoss.
Wunderbare Küche, welche leider durch unzureichend kultivierte Gäste ihren Glanz verliert.
Kantstraße 140, 10623 Berlin
Mir steckt noch immer Qype in den Knochen: Instinktiv suche ich immer nach dem „hilfreich“- oder „gut geschrieben“-Button…