Ich misstraue diesen in-Schuppen für it-people. Und ich war mir sicher, in einem solchen gelandet zu sein. Ich möchte einen Verriss schreiben, zumal mir bereits einige Geschichten über den unangemessenen Service zu Ohren gekommen waren.
Hinzu kommt: Ich war geflohen aus einer meiner Lieblings-Bühnen. Die aktuelle Aufführung von „Der Besuch der alten Dame“ im Maxim-Gorki-Theater ist dermaßen furchtbar, entsetzlich, laut, vulgär, kreischend, ejakulativ, wie ich es dort niemalsnicht erwartet hätte.
Bei derart miserabler Laune vermag nur ein Steak zu besänftigen. Gut, dass das Grill Royal nicht weit ist.
Behandelt mich schlecht und serviert mir mittelmäßige Fleischigkeit und ich habe mein unglückseliges Ventil der frustrierten Verdammnis. Yippiieeehh!
Nein, es kam ganz anders. Nach einer famosen Begrüßung führte man uns an einen wunderbaren Tisch mitten im Geschehen. Als New-York-Fan kann ich nicht umhin, den amerikanischen touch des Raumes und den Stil des Hauses zu bemerken und rasch einen Seufzer in Richtung Manhattan zu senden.
Seitlich stand ein Boot in einer Bibliothek umgeben von schönen Licht-Installationen; reflektierende Säulen mit Kunstobjekten funktionieren gleichsam als Schmuck und Raumteiler; gegenüber nahm Maria Furtwängler (die in Natura noch bezaubernder aussieht) Platz und ließ einen anderen Schauspieler am Nebentisch darob vom Star zur Nebensächlichkeit werden. So wollen wir das G.R.: Stars, Steaks, Stil. Stures Klischee? Nein!
Großartiges Essen, feine Weine und entspannter Service. So habe ich diesen Hot Spot erlebt. Es tut mir Leid. Ich hätte lieber lässig gelästert! Aber es war….einfach prachtvoll.
Die Vorspeise stellte eine gewisse Herausforderung dar: Eisbergsalat mit Tomaten, Roquefort-Dressing und Speckstreifen. Wer hier einen Salat bestellt, bekommt…einen Salat. Kopf!! Köstlich, reichhaltig, beinahe zu riesig.
Denn es drohte und lockte danach: Das Porterhouse Steak. Ein cut, der in Deutschland leider nur selten angeboten wird. Quasi ein T-Bone-Steak in groß mit reichlichst Filet dabei. Zunächst kann das Fleisch in den Kühlvitrinen begutachtet werden, später
präsentiert der Kellner das fertig zubereitete Stück am Tisch, bevor es schließlich geschnitten wird.
Informationen zur Herkunft des Rindes werden aufgeführt, so kann man das Steak quasi von der Weide in Omaha bis zum Teller begleiten. Die Küche ist einsehbar und gleich vorne zum Gastraum befindet sich die Grillfläche (darüber hängt ein Berghain-Schal 🙂 ).
Patrick, unser Gastgeber an jenem Abend, wusste viel wissenswertes und amüsantes zu berichten und glänzte mit der perfekten Weinempfehlung. Überhaupt war der Service sehr angenehm in der angemessenen Mischung aus professioneller Aufmerksamkeit und freundlicher Lockerheit.
Eine gute Nachricht für Charlottenburger, die seit geraumer Zeit in der Salumeria Da Pino am Stuttgarter Platz die wunderbaren Gastgeber- qualitäten und Weinkenntnisse von Alino schmerzhaft vermissen: Hier finden wir ihn wieder. Entspannter denn je.
Das Porterhouse war fantastisch und zerschmolz auf der Zunge. Die Sauce Bearnaise kam als sanfter Schaum luftig daher und die Pommes Allumettes rundeten das Ganze ideal ab. Für alle Fälle standen Schälchen mit erstklassigem Salz und Pfeffer bereit.
Leider wird das Porterhouse nur sporadisch in die Karte aufgenommen, aber dann schaffe ich beim nächsten Besuch hoffentlich noch den verlockenden Schokoladenkuchen mit flüssigem Innenleben. Diesmal ging nichts mehr.
Die Preise sind gehoben, was bei der Qualität der Zutaten und dem Ambiente nicht verwundern darf. Während der Berlinale wird es sicherlich wieder wichtig-wichtig zugehen und eine andere Art der Fleischbeschau steht im Vordergrund.
Anschließend rückt zum Glück wieder das irische Roastbeef, Hummer, das Entrecôte, australisches Wagyu Beef und weiteres feines Fleisch im Vordergrund. Peter Luger, die Brooklyn Steakhouse-Legende kann einpacken. Grill Royal rules.
Das einzige, was den Aufenthalt ein wenig irritiert hat, war das Einsinken in die Sitzmöbel, was Bewegung und Entfernung Kinn-Tischkante ein klein wenig beeinträchtigte. Bin ich etwa zu schwer?? Nein, nicht antworten, bitte. Vielleicht frage ich beim nächsten Mal nach einem Sitzkissen?!
Grill Royal, Friedrichstraße 105, 10117 Berlin-Mitte
Hallo Sven, schön, von Dir zu hören!
Ich denke, die „Unken“ hat wohl jede Gaststätte am Hals, die mit Faktoren wie Prominenz, Türpolitik, Szene u.ä. verbunden wird.
Ich gestehe, dass ich selbst ab und an zur „Unke“ werden mag. (Auch im GR, da ich dort in der Anfangszeit auch schon eher bedenklichen Service erlebt habe.)
Der Grill Royal ist für mich heute, vermeidet man die genannten Stress-Faktoren, einfach nur das beste Steakhaus der Stadt.
Hallo Peter,
schön, dass ich einen so guten Bericht über das GR lese. Der entspricht ganz meiner Meinung. Die Unken, die sonst immer nur schlechtes rufen haben entweder keinen Geschmack für schönes Ambiente und gutes Essen oder sind einfach sowieso immer anti eingestellt. Wer nichts auf Klischees gibt ist hier gut und lecker aufgehoben!
Viele Grüße
Sven
Tatsächlich sehr interessanter Feldforschungsansatz. Funktioniert bei Oper nicht. Wagner verhindert jegliche Nahrungsaufnahme zu angemessener Zeit. Ich gehe deswegen nicht mehr hin und suche meine Walküren anderswo.
Mein tollstes Theatererlebnis der letzten Zeit war in New York: „A steady rain“. Danach gab war Zeit für Krebsfleisch bei „Fatty Crab“. Futter für den Ethnologen?
Das wäre noch ein Feld für einen Ethnologen: Was wird nach Theateraufführungen gegessen und welche Zusammenhänge bestehen.
Vielleicht nicht. Zuletzt sah ich vor dem Essen meist mittelmäßige Mimen.
Ich glaube aber schon, dass es appetitfördernde Wirkung hat.
Nach einer schwachen Aufführung von „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ neulich, musste unbedingt Pasta her.
Ein schlechtes Theaterstück vorher ist aber nicht Bedingung?