Aus beruflichen Gründen komme ich öfters hier vorbei, habe das neue Gebäude hinter dem alten Imbiss wachsen sehen und mir immer vorgenommen, einzukehren. Nun war es also soweit, zur Mittagszeit.
Auf zwei Etagen bietet die Festung „~Hisar“ türkische Kost seit 2008 auf etwas elegantere Weise, als es der gleichnamige Imbiss daneben bereits seit 1986 macht.
Hochtrabend nennt sich die gewichtige Speisekarte das „Goldene Kochbuch des Sultans“.
Ergo lasse ich mich nieder auf einem der ungünstig positionierten 16 Stühle im Untergeschoss. Das Obergeschoss wird nur bei Bedarf oder für Gruppen hinzu genommen.
Serviertechnisch gilt die Maxime: Je leerer der Raum, desto langsamer der Kellner. Vermutlich soll ich noch intensiver die elegante Innenausstattung würdigen. In der Tat, sehr üppig. Eine Hütte voll orientalischem Barock. Dunkelrote Tischläufer und Wandbemalung, schicke Lampen, alles ist auf engstem Raum auf edel-elegant getrimmt und wirkt dadurch komplett überladen.
Niederträchtig überfordere ich den Kellner und erkundige mich nach der Tagessuppe.
Eichi: „Was ist denn heute die Tagessuppe?“
Kellner: „Mit Fleisch.“
Eichi: „??…??“
Kellner: „Kalbfleisch.“
Eichi: „Und sonst so? Brühe, Konsistenz, Gewürze?“
Kellner: „Ja, Gewürze sind auch drin.“
Ich sehe von einer Bestellung der Tagessuppe ab.
Der Kellner rächt sich an meinem nervigen Gefrage und erklärt mein Gericht für nicht verfügbar. Wir konsultieren gemeinsam die Tagestafel vor dem Häusel. Und in der Tat habe ich meine Bestellung ganz mies verbockt. Ich bestellte „gegrilltes Hühnerfleisch“. Auf der Tafel ist aber lediglich „Hühnerfleisch vom Grill“ im Angebot. So geht das ja nicht, wo kommen wir denn da hin. Zurecht fordert der Kellner mich auf, nicht zu schimpfen und es zu unterlassen, die Kreide auf der Tafel zu verschmieren. Mea culpa.
Ich bin wieder dran und erwäge ernsthaft, den Kellner zu quälen und nach einer Weinempfehlung zu fragen. Hähä…
Ein gigantischer Weinklimaschrank füllt das Zwergenhaus überdimensioniert aus. Prunk-Optik soll anscheinend Hochpreisigkeit rechtfertigen. Ich trinke doch lieber etwas anderes.
Vertraute Hausgäste in Kapuzenjacken finden sich ein. Neuigkeiten im Hood/Kiez werden quer durch den Raum lautstark ausgetauscht.
Würde doch der Regen aufhören und ich könnte mich in den hinteren Garten setzen. Da ist es schön und geräumig und der Kellner kommt nicht so oft vorbei.
Das Essen selbst ist sehr schmackhaft. Beste Grillaromen und Fleisch von guter Qualität finden sich in ausreichender Menge auf dem Teller. Ein Klacks Reis, zwei gegrillte Spitzpaprika und Tomatenachtel werden mit einem langweiligen Salat und Brot gereicht.
Suppen kosten so 3-4 Euro, eine gemischte Vorspeisenplatte 7,50 und die Hauptgerichte können auch mal um die 13.- liegen.
Für das Essen komme ich gerne einmal wieder, jedoch nur bei schönem Wetter, wenn ich mich in dem Gartenbereich niederlassen kann.
Yorckstr. 49, 10965 Berlin
Also sei nicht bös, aber Kreide verschmieren geht gar nicht, auch wenn der Kellner Essen nur nach Anfangsbuchstaben erkennen kann.