Finanzkrise 1923. Die Mark gibt es nur in Millionen. An der Potsdamer Straße Nr. 4 wird im dritten Stock ein winziges Studio mit Klavier und Mikrofon eingerichtet. Das Gebäue wird als „Vox-Haus“ Rundfunkgeschichte schreiben. Bereits im Dezember 1923 lauschen über 1000 zahlende Hörer den knarzigen Klängen der Tanzteeübertragungen vom pulsierenden Potsdamer Platz.
Den Namen und die musikalische Tradition bewahrt man im Hyatt Hotel auch in der Jetzt-Zeit. Heute zieren Jazz-Bilder an Wänden in roten und schwarz-weißen Farben die Wände der Vox Bar. Live Musik erklingt dann meist ab 22 Uhr. In dunklen Clubsesseln läßt man sich einen Cocktail reichen, oder einen von ca. 240 Whiskies. Kein Preiswertes Vergnügen. Die meisten Drinks liegen kostentechnisch so um die 15.- Euro, reichlich Nüsse gibt es dazu serviert. Kitchen Style Drinks, mit Kräutern zubereitet, sind womöglich die interessanteste Bestellung.
Souverän ist man vorbereitet auf diejenigen Gäste, die mit Platinkarte den unvermeidlichen Larry heraushängen lassen möchten. Zur Wahl steht dafür eine Art Mega Mai Tai zu 35.- Euro, oder ein „Golden Vox Shrimptini“ zu 25,- wobei eine in Gold gewickelte Garnele die klassische Kombination aus Vodka und Noilly Prat ergänzt.
Wäre das ganze nicht so teuer, so würde man auch als Berliner gerne öfters in dieser eleganten Bar mit aufmerksamen und sehr netten Service, einkehren. Feinste Spirituosen, originelle Kreationen eines hervorragenden Barchefs, eine wundervolle Raucherlounge im hinteren Bereich. Prächtig.
Ab und an nur sieht man durch die getönten Milchglasscheiben der Rückwand der Bar, dass es sich eigentlich um einen Block innerhalb des Restaurants „Vox“ handelt. Geschickt gelöst.
1927 tönen übrigens die Rundfunkklänge aus beinahe allen Ecken des gr0ßen „Vox-Haus“ und die Zahl der Hörer ist auf 600.000 gestiegen. Bald wird es zu klein und ein neues, grösseres Funkhaus in Charlottenburg wird geplant. Wo gehen dort wohl die Rundfunkredakteure des rbb heute trinken??
Marlene-Dietrich-Platz 2, im Grand Hyatt Hotel, 10785 Berlin-Mitte
Also doch: All we hear is Radio Gaga…
Es ist leider so, lieber Eichi, dass Radiomachen nicht zwingend Alkoholkonsum voraussetzt. Nicht mehr zwingend voraussetzt, denn früher war das anders, da sind die Herren vom Funk selten unter 15 % Stammwürze im Blut vor’s Mikro. Die junge Radio-Generation trinkt aber bestenfalls Bionade oder sonstige Getränke-Coverversionen der Gesundheitstee-Industrie. Bäh, das.
Die Alteingesessenen lassen sich gerne mal im benachbarten „Gambrinus“ auf ein Bier nieder, aber das war’s dann auch schon.
Irgendwie ist Radiomachen langweilig geworden…
(vgl. hierzu: http://www.radiopannen.de, Abt. „Albern“, 5. Beispiel)