Es gibt Imbisse in Einkaufspassagen. Es gibt Food Courts in Shopping Malls. Und jetzt gibt es, als Luxusvariante des oben genannten, das Umatoo im Quartier 206.
Tim Raue hat seinerzeit in Charlottenburg (Restaurant 44) aufgesattelt und
mit seinem Ma, Uma und Shochu Bar Restaurant- und Barkonzept im Hotel Adlon eine Menge neues Flair und ein hohes Maß an Küchenkultur nach Berlin Mitte galoppiert. Den japanischen Bereich der Pferdekoppel (Ma=Uma=Pferd) betreut Steve Karlsch auf sympathische und kreative Art und Weise und lockt mich immer wieder gerne an den schwarzen Tresen, von wo aus man den besten Blick auf das geschickte hantieren der Köche werfen kann.
Meine Erlebnisse dort habe ich bereits an anderer Stelle niedergeschrieben. Jener Artikel wurde sogar prämiert und daher verdanke ich dem Uma demnach den Besitz eines Designer-Wursttopfes (ja, ja, lacht nur…).
Seit wenigen Wochen ist aus dem Stall ein junges Fohlen entwichen und hat sich im Treppenhaus des eleganten Shopping-Quartier 206 zwischen Galeries Lafayette und Gendarmenmarkt eingerichtet. Bislang befand sich an gleicher Stelle ein Café, welches um einen Flügel herum gruppiert war, dessen Klänge nun nicht mehr durch die marmornen Hallen klingen. Der Flügel ist fort und daher heißt das neue berittene Speisekonzept auch nicht Pegasus, sondern Umatoo.
Das Umatoo versteht sich als Tagesrestaurant mit Lunch und Tea-Time und ermöglicht es, den Küchenansatz des Uma auf die Schnelle, besonders zur Mittagszeit auszuprobieren, ohne zum Adlon zu müssen/dürfen.
Platz nimmt der Gast auf schwarzem Leder mit üppigen goldenen Kissen, wie sie auch in den Ma/Uma Räumlichkeiten anzutreffen sind. Die Tische sind, im Kontrast zu den neuen Kissen, mächtig abgenutzt, man hat sie wohl vom Vorgängerkaffee übernommen. Unter der Woche zur Mittagszeit hat das Quartier etwas angenehm ruhiges und man muss nicht fürchten, dass sich Scharen von Einkaufswütigen durch das Treppenhaus und somit durch das Restaurant schieben. Es hat beinahe etwas meditatives, wenn die Rolltreppe einzelne Gestalten vorübertransportiert.
Ein sonderbarer weißer Würfel mit schmalem Seitenschlitz entpuppt sich als Küche.
Einige Passanten bleiben stehen, blicken neugierig in die Karte, angelockt von Werbezetteln auf denen die Zeilen „Lunch“ und „6.- Euro“ ins Auge fallen. Viele ziehen weiter, als sie sehen, dass sich dieser Preis lediglich auf die günstigsten Elemente der Karte bezieht, wie eine Maki Rolle oder ein Törtchen. Wer auf Sättigung im Rahmen eines Zwei- oder Dreigang-Menüs mit Getränken hofft, muss zwischen 20 und 30 Euro aufwärts einplanen. Viele Hauptgerichte liegen so um die 9.- Euro, Sushi Rollen zwischen 6.- und 8.-, der hochwertige Tee beginnt bei 8.- Euro pro Kanne.
Mein Wein ist fein! Der Hausriesling, den ich bereits aus dem „Stammhaus“ kenne, kommt vom Weingut Jochen Dreissigacker und passt mit seinem ausgewogenen Säure-Süße-Spiel ausgezeichnet zu asiatischer Küche. 0,1 l machen zu 3.- Euro auch ein zweites Glas erwägenswert.
Meine 6-Euro-Vorspeise macht mich glücklich. Ein Garnelensud mit Ingwer
und Paprika vermittelt eine lebendige Mischung aus Süße und Schärfe. Das Preis-Genuss-Verhältnis ist hier spitze. Mein Hauptgericht hat ebenfalls gefallen: Duft-Reis mit Silky Tofu und Yellow Fin Tuna in Sashimi-Qualität, leicht limettig mariniert.
Der Service war unspektakulär nett, das Essen hat ordentlich gemundet. Dennoch hänge ich meinen Sattel lieber im Uma (One) auf. Warum? Weil ein Aufenthalt dort etwas bezauberndes hat und weil eine faszinierende Atmosphäre in Kombination mit vorzüglichen Speisen genau das ist, was ich suche, was mich glücklich macht und wofür ich bereit bin, einen angemessenen Preis zu entrichten.
Umatoo ist ein kleines Häppchen outgesourcetes Uma bei zu greller Beleuchtung. Das Licht macht unvorteilhaft blass. Das Original ist unschlagbar. Besser.
Ein Detail beschäftigt mich nun doch noch. Nämlich: warum stand auf genau einem einzigen Tisch eine Blume? Lösungsvorschläge – bitte her damit. Einsendeschluss ist das nächste Jahr des Pferdes im chinesischen Kalender.
Update: das Konzept wurde mittlerweile aufgegeben und an gleicher Stelle befindet sich nun ein Café mit Lunchoption.
Thanx a lot! 😀
Die duftlose (?) Calla in einem Ambiente von innerlich verpilzten Baumstämmen.
Sie gehört der Gattung der A(a)ronstabgewächse an und die können ganz schön stinken, nach Aas, jawohl und ein Geschwister der Gattung hat sich deshalb den Namen „totes Pferd“ eingefangen und giftig sind sie auch. Vielleicht steht sie deshalb so allein auf dem Tisch.
@donqy: Bei dem Eichi-Einblick in die Tiefe werden die Pilze serviert, die in des Baumstamms Tiefe wachsen. 🙂
Einen Moment kam mir ein Zweifel ob der Lilie. Peinlich. Gut, deine Stammtischlösung ist wahrscheinlicher.
Also „Schrecklich“ ist ja was sehr subjektives, vor allem, wenn es um meine Lieblingsblume geht, obwohl ich Dir insoweit recht gebe als dass ich keine Lilien auf dem Tisch beim Essen haben möchte, denn intensiv riechen sie in der Tat. Aber – wenn ich es richtig erkenne, steht da eine duftlose Calla in der Vase? Dann ist es ein sehr viel poetischerer Hinweis als ich das aus bayrischen Wirtshäusern kenne, dass sich um einen von niemand anderem zu besetzenden japanischen (?) Stammtisch handelt…
Also eines muss man Dir lassen Eichi, die Berichte und vor allem wie Du diese schreibst, ist immer wieder eine Freude. Man sollte Dich als neuen Gastro-Führer betiteln. Es macht einfach Spass Deinen Blog zu lesen…
Weiter so!!!
Wow, danke, (rotwerd) 😎
Rätsellösung: Weil dieser Tisch als einziger noch nicht besetzt war.
Erklärung: Da Lilien so unglaublich intensiv (und schrecklich) riechen, was einem jedes Essen vermiesen kann, haben die Gäste jeweils darum gebeten, die Blume von ihrem Tisch zu entfernen.
klasse geschrieben, eichi!
Karu, das Foto von Eichi ist super , es erinnert mich trotzdem an Dein Foto des Tages vom Baumstamm..
Ach, habt Ihr es gut in Berlin. Ein tolles Foto von oben ist Dir gelungen.