„Keinen Tropfen im Becher mehr…“ beginnt das Lied „Die Lindenwirtin“ von Rudolf Baumbach.
Die Bürgerbräu-Wirtin vom Müggelsee scheint ebenfalls dieser Ansicht zu sein. Vorbei ist´s mit der langjährigen Geschichte einer weiteren Berliner Bier-Traditionsmarke (die 1869 unter dem Namen Lindenbrauerei gegründet wurde). Die letzte größere Brauerei, die noch in Privatbesitz befindlich war, ist verkauft. Ausgerechnet an die Radeberger Gruppe. Offizielle Übernahme erfolgt zum 1. März 2010.
Die Tradition des Bieres in Berlin ist dahin. Vor 100 Jahren war die Zahl der Brauereien noch dreistellig. Jetzt ist aus Vielfalt endgültig Einfalt geworden. Die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger Gruppe übernimmt die Markenrechte von Bürgerbräu und deren Rezepturen.
Sonderlich originell ist diese Entwicklung nicht. Gehört dieser Gruppe doch bereits die komplette Bierlandschaft der Region: Berliner Kindl, Berliner Pilsner, Rex Pils, Schultheiss, Engelhardt und Märkischer Landmann. Nach jeder Übernahme wurde etwas eingestampft und das Angebot noch weiter reduziert. Viele vermissen Biere wie das Patzenhofer oder die Schultheiss Berliner Weisse. Vermutlich hat dann auch bald das Rotkehlchen ausgezwitschert und das Bernauer Schwarzbier ist Schaum von Gestern.
Tina Häring, die Geschäftsführerin von Bürgerbräu in Friedrichshagen gibt an, demnächst ein Öko-Bier unter der Marke „Köpenicker Bürgerbräu“ anbieten zu wollen. Soll man das glauben? Funktionieren die Kessel überhaupt noch? Kam doch zuletzt das Berliner Bürgerbräu aus Chemnitz. Seit mindestens zweieinhalb Jahren steht auf der Homepage von Bürgerbräu: „Die Seiten der Berliner Bürgerbräu werden überarbeitet.“ Jetzt stimmt das wohl endlich.
Zahlreiche Medien haben bezüglich der Übernahme weitestgehend den üblichen larifari Pressetext übernommen und dahergeleiert. Die Autoren Honert und Hoffmann haben für den Tagesspiegel in ihrem lesenswerten Artikel zurecht etwas kritischere Töne angeschlagen.
Mein Vorschlag: Zeichen setzen gegen den Bier-Einheitsbrei aus Hohenschönhausen. Auf in die kleinen Hausbrauereien, deren Angebot bald der letzte Zufluchtsort für die Liebhaber und Sympathisanten der Berliner Bierkultur sein dürfte. Eilig ins Eschenbräu, hurtig ins Hops&Barley, schnell zum Südstern, marsch ins Marcus Bräu und ran an den Rollberg.
Also, Lindenwirtin, mach den Becher bitte wieder voll! Dann kann das Lied zurecht zu Ende gesungen werden: „Vor ihm stand ein volles Glas,
neben ihm Frau Wirtin saß. Unter der blühenden Linde.“
http://genussportal.blogspot.com/
und jetzt wird auch das design getauscht /
leise ganz leise!
war schön mit dir … du letztes individuelles flaschenbier aus berlin!
Der angegebene Rollberger-Link funktioniert nicht. Jedenfalls nicht bei mir.
Er lautet richtig:
http://www.rollberger.de/rollberger/_finest_natural_bier_.html
oder
http://www.rollberger.de
Auf der Homepage ist ein Hinweis darauf, dass der Ausschank wieder geöffnet wird, wenn die Temperaturen es zulassen. Rechts oben in der Ecke. Bevor noch mehr Durstige vor verschlossenen Türen stehen…
Ah, die „Lindenwirtin“ – wie schön. Ein alter studentischer Cantus, den ich seinerzeit gerne im Kreise meiner Bundes- und Waffenbrüder geschmettert habe. Zu diesem Liedchen gibt’s übrigens viele, viele sog. Fakultätsstrophen – die Chemiker beispielsweise singen auf die Melodie der „Lindenwirtin“: „Ein Student der Alchemie / wollte Frau Wirtin und wusst‘ nicht wie / Unter der blühenden Linde / Versetzte sie mit Bicarbonat / Drillinge waren das Resultat / Unter der blühenden Linde, unter der blühenden Linde“.
Wenn Du, lieber Eichi, in den Kosmos der Trinklieder eintauchen willst, leihe ich Dir gerne mein Kommersbuch, da finden sich Klopper wie „Meum est propositum / in taberna mori“ („Es ist mein fester Vorsatz, in der Schenke zu sterben“), oder: „Beim Rosenwirt am Grabentor, des Abends um halb 6 / Den Hammer schwingt der Wirt empor & schlägt den Zapfen ex. / Das schlurrt und glurrt aus feuchter Nacht, vom Spundloch in die Kann‘, / Ach seht, wie’s Antlitz jedem lacht, jedwedem Zechersmann.“
Ich muss zugeben, dass ein gewisses Maß an Stracksuff hilfreich ist, das alles zu ertragen…
Der Bürgerbräu-Verkauf traf anscheinend selbst die IHK überraschend.
In der Januar Ausgabe ihres Magazins „Berliner Wirtschaft“, wird die tapfere Unabhängikeit der Bürgerbräuler noch gelobt,
„Die Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei ist mit einem Ausstoßvolumen von 1,5 Mio. Hektoliter und einem Marktanteil von über 50 Prozent eindeutiger Marktführer in der Region…..Neben dem großen Brauerei-Platzhirsch behauptet sich in Friedrichshagen tapfer die letzte Berliner Privatbrauerei. Mit Spezialitäten wie Bio-Bier, Schwarzbier oder Berliner Weiße mit Schuss versucht die Berliner Bürgerbräu einen Teil des Marktes zu besetzen.“
http://www.berlin.ihk24.de/servicemarken/presse/berl_wirt/bwarchiv/Berliner_Wirtschaft_2010/Berliner_Wirtschaft_Januar_2010/Anlagen/Hauptstadt_guten_geschmacks.jsp#Marktf%C3%BChrer
Wäre an sich eine tolle Idee, aber wir, die geschätzte Leserschaft, kennen Dein Liedgut doch gar nicht..
Oder müssen wir uns was trinkrelevantes ausdenken?
Oder auf Rixdorfer Fassbrause?!
Also doch selber brauen?
Bärenpils gehört übrigens auch zur Radeberger Gruppe. Keine Alternative in Sicht
Du staunst zurecht.
Meine Sammlung an trinkrelevantem Liedgut ist legendär.
Meine liebsten Eingangszeilen stammen aus einem Song, bei dem der Erzähler auf einer langen Busfahrt sich allerlei ausdenkt, um auch einen Schluck aus der Pulle zu bekommen:
I dozed off in the back of the bus to the drone of the Greyhound throttle / And I woke to the crack of a paper sack and a cork poppin´from a bottle…
Was meinste? Soll ich ein Quiz daraus machen und ein Buch verlosen?
Das ist korrekt (mit dem Bezug). Seltsam, scheint ein WordPress-Fehler zu sein…
Die Weißen lohnen sich durchaus, einmal zu probieren. Der Regent Rosé hat mir sogar sehr gut geschmeckt.
Die Roten konnten nicht überzeugen.
https://eichiberlin.wordpress.com/2009/04/14/es-gibt-auch-wein-in-berlin/
Aus mir nicht erklärlichen technischen Gründen, wandert das „Bedankt“ von David immer weiter nach unten und verlässt die Chronologie des thread.
Um daraus resultierenden Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich bemerken, dass sich Davids Danke darauf bezieht (wenn ich es richtig verstanden habe), das Vilmoskörte den Link zu dem Artikel der Morgenpost eingefügt hat.
Seltsam, das.
Ja wir wollen unser „Berliner Bier“ wiederhaben!
Komisch für eine Biergegend, oder? Und nein, Herr Stroheim, der Wachtelberg überzeugt mich da nicht eines Besseren. Ist das Zeug denn überhaupt trinkbar?
Oder man steigt auf Wein aus der Region um:
http://www.wachtelberg.de
Das Neuzeller Bier ist auch nicht zu verachten:
http://www.klosterbrauerei.com/
Mal offtopic: DUU kennst Lieder! ;-))
Wenn Du den Eingang von der Werbellinstraße nimmst, läufst Du direkt auf das alte Sudhaus (mit dem Turm) zu. An der rechten Ecke sind Fenster, da ist der Ausschank. Im Augenblick ist leider zu, da die Heizungsanlage dem Winter nicht gewachsen ist.
So erklärt es ein Zettel an der geschlossenen Tür, vor der ich am vergangenen Donnerstag (14.01.) traurig durstete. 😦
Na super, das ganze Bier in Berlin schmeckt dann immer so gleich… Irgendwas stimmt doch nicht bei der ganzen Übernahme. Die brauchten wohl Geld? Was sagt das Kartellamt dazu?
Gibt es am Rollberg auch einen Bierausschank? Wo denn? Wir sind mal auf das Gelände der alten Kindl-Brauerei gefahren und haben dort nichts gefunden.
Bedankt!
Ja, gibt es auch online: http://www.morgenpost.de/wirtschaft/article1240663/Berliner-Buergerbraeu-war-am-Ende-einfach-zu-klein.html
So richtig schön sauer? Ich habe übrigens schon nach dem Wegfall der Schultheiß-Weißen mit dem Selbstmachen einer solchen angefangen. Ist gar nicht so einfach mit den Bazillen und fordert viel Geduld, aber so nach einem Jahr ist das schon ordentlich sauer.
gibt’s da wohl ne Online-Ausgabe von? Würde ich gerne mal im Wortlaut lesen.
Wie dem auch sei, vieles, was ich so gehört und gelesen habe, fügt sich zu einem, sagen wir mal: eigentümlichen Bild. Aber man soll das nicht überbewerten. Ich mochte Rotkehlchen und den Maibock, aber beides kriege ich erstens sowieso nicht hier im Westen und zweitens auch selbst ganz gut gebraut.
Es sei ganz uneigennützig gestattet, zum Nachmachen aufzurufen und etwas Werbung für unser Forum zu machen 😉
Tatsächlich ist die Potsdamer Weisse der dortigen Braumanufaktur im Forsthaus am Templiner See ein kleiner Lichtblick in meiner (leidenschaftlichen, wenngleich absolut aussichtslosen) Kampagne für die Neubelebung der Berliner Weisse.
In Vilmoskörte´s Blog bestens beschrieben: http://vilmoskoerte.wordpress.com/2009/08/20/braumanufaktur-forsthaus-templin-in-potsdam/
Ein
„Nein zum Regionalen Brauereisterben“
http://www.bbc-germany.net
http://regionalbrauerei.blogspot.com/
Auch ich bleibe misstrauisch. Just am heutigen Sonntag war in der Berliner Morgenpost ein Interview mit Frau Häring zu lesen. Vieles klingt nach: wir-sind-Bio-Bier-politisch-korrekt.
Vielleicht sind ja irgendwo noch Fördertöpfe, die man anzapfen (sic!) kann, bevor man eine endgültige Insolvenz vorbereitet.
Wie gut, dass ich kürzlich einen Braukurs besucht habe.
Mit dem Eschenbräu habt ihr doch eine gute Alternative … und von wem war noch gleich die »Brandenburger Weiße«? Um die hab ich euch regelrecht beneidet.
Daß Frau Häring noch mal was gebraut kriegt darf man bezweifeln, wenn sie schon „explodierende Malzpreise“ als Grund ihres Scheitern ins Feld führt: Der größte deutsche Mälzereiverbund verlangt per heute 25% weniger je Tonne als vor knapp zwei Jahren. Mit konstanter Tendenz.
Also, entweder kleine Hausbrauereien aufsuchen oder selber brauen. Speziell in der bedauernswerten Bierwüste Berlin ist letzteres eine gute Idee.
Ich fürchte mich bei diese Monopolisierung auch vor einem möglichen Preisdiktat. Wo sind jetzt die Mitbewerber? Wo ist der Markt?
Werden zur Fußball-WM die Bierpreise steigen, wie Benzinpreise zur Ferienzeit?
Ein Trauerspiel ist das, warum schreitet bei diesen Monopolbildungen im Lebensmittelmarkt das Bundeskartellamt nicht ein? Beim Biertrinken in den Berliner Kneipen immer den Wirt fragen, warum er kein Bier aus einer der Berliner Kleinbrauereien hat. Fragt nach Eschenbräu, Marcusbräu oder Rollberger, wenn ihr Warsteiner oder Kindl bekommt!
Ja, ich habe das auch mit Trauer gelesen. Nun kommen alle „großen“ Berliner Biere aus der gleichen Dr. Oetker-Biermonopol-Pipeline. Wer hätte das gedacht, dass nur ein Berliner Brauereistandort überlebt. .
Der Geschmack bleibt gleich, wurde verkündet, die Eigenschaften des Friedrichshagener Brauwassers würden im Labor nachgebildet. Na dann Prost.