Raines Law Room – Speakeasy wird niemals langweilig

Gesetzlich gerechtfertigter genialer Getränkegenuss. Die womöglich schönste Bar in New York. Einmalig ist sie allemal.

Ich bin gerade ganz glücklich, denn ich fand eine verschollene Foto-Speicherkarte wieder, die etliche Erinnerungen und Geschichten in sich trug, die ich verloren glaubte. Darunter einige Impressionen meiner letzen New York Reise, von denen ich mir erlauben werde, einige im Blog wiederzugeben, auch wenn die Tour bereits einige Monate zurückliegt.

Das Raines Gesetz von 1896 war eines der zahlreichen „Blue Law“ genannten Gesetze, welche von der Abstinenzlerbewegung in die Prohibition mündete. Die New Yorker Raines Law verbot den Ausschank alkoholischer Getränke an Sonntagen, was auf verständliches Murren bei der arbeitenden Bevölkerung stieß, war doch oft der Sonntag der einzig freie Tag, um sich Unternehmungen und Drinks zu gestatten. Viele Gesetze bieten ein Schlupfloch und dabei machte auch die Raines Law keine Ausnahme. Der Sonntagsausschank war weiterhin gestattet für Hotels mit mindestens 10 Zimmern, wenn sie ihren Gästen Essen servierten. Zahllose neue „Hotels“ wurden daraufhin angemeldet (gleichzeitig war ein enormer Anstieg der Prostitution zu verzeichnen), wo zuvor Schankstuben bewirteten. Das Essen war zweitrangig und so sind Berichte überliefert von sogenannten „Brick-Sandwiches“. Attrappen, bei denen ein Stein zwischen zwei Brotscheiben lag. Dumm, wenn jemand hineinbiss, aber gültig, wenn eine Razzia kam.

Diese Bar, Raines Law Room, in Chelsea, nicht weit vom Union Square, greift nicht nur den Namen auf, sondern die Historie als quasi Gesamtkunstwerk. Um Einlass zu finden, muss man klingeln und eine Reservierung zuvor ist auch kein Fehler. Die Stufen in das Souterrain führen gleichsam auf eine Zeitreise. Kaum ein Detail blieb unbeachtet. Eine altmodisch wirkende Tapete, nackte Backsteinwände mit Jazz-Motiven, Lampen, Gläser, Bekleidung des Personals – soweit noch nichts wahrlich Ungewöhnliches. Es sind die diskreten Details, die faszinieren. Wird Sevice gewünscht, so Weiterlesen

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Bubble Tea Terror

Ich möchte das Jahr mit einem Aufschrei des nackten Entsetzens einläuten. Hinterlistig schleicht sich eine vielköpfige Hydra ins Land, um dem Verbraucher ein neues Trendgetränk einzureden. Wir sollen Bubble Tea trinken. Ein gesüßte, teeähnliche Flüssigkeit, in der man gallertartige Tapiokakugeln versenkt hat, um Strohhalme und Kehlen zu verstopfen.

Man muss bestimmte Dinge nur oft genug penetrant wiederholen, dann werden sie Trend/Kult/beachtet. Sabine Christiansen, die Amigos und Ed Hardy wären als Beispiele offensichtlich. Und was in China immerhin noch den lyrischen Namen „Perlen Milchtee“ trägt, soll nun den durchschnittlichen Mitteleuropäer erquicken. Mich erquickt es nicht. Mit schmeckt diese Fruchtvariante von Sülze in Brühe überhauptgarnicht. Im Mai 2011 stellte man zudem in Taiwan fest, dass seit 20 Jahren ein fröhlicher Krebserreger namens Diethylhexylphthalat munter beigemengt wurde.

Nun eröffnet scheints an jeder Ecke in Berlin ein Bubble Tea Laden und die unsäglichen Pappkarton-Glutamat-mit-gebratenen-Nudeln Imbissimitate verkaufen es auch gleich mit. Wo ist Captain America, wenn man ihn braucht. Oder von mir aus auch Starbucks, der natürliche Feind jeder Teeisierung. Oder wird Starbucks bald marktgerecht Tapiokakugeln im Kaffee versenken? Zuzutrauen wäre es auch dieser Medusa.

Bubble trouble. Ich möchte anständige Sachen trinken. Gerne dürfen auch einmal weniger künstliche Aromastoffe in meinem Glas schweben. Somit protestiere ich. Gegen Bubble Tea. Weg damit. Dann lieber Ayran Shake Shops oder eine Retro-Milchbar.

Ich möchte diesen Blogbeitrag gerne bebildern, verfüge aber über keine Fotografie eines Buble Tea. Da ich selbigen erstmals vor Jahren im Chinatown von Manhattan trank, wähle ich stattdessen ein Foto einer wirren Demonstration in New York, bei der die überaus sonderbare Gruppierung „God hates the World“ gegen alles protestiert, wie sie es immer tut.

Born to drink European

Sonnenuntergang über Berlin. Welchen wundervollen Ort wollen wir heute aufsuchen, um dem Szenario beizuwohnen? Lietzenseepark? Hoppetosse? Warschauer Brücke? Nein, heute soll es der Kreuzberg sein. Rasch noch eine Flasche Rotwein eingesteckt, damit es ein doppelter Genuss wird.

Belle Alliance - Mein Wein und ich

Belle Alliance - Mein Wein und ich

Oben angekommen zeigt sich schnell, diese Idee hatten außer uns nur ungefähr acht Dutzend andere Leute. Sie alle blicken romantisch seufzend gen Westen, allerdings nicht ohne vorher eine Flasche Wein, Bier, Limonade oder ein TetraPak mit gruseligem Inhalt – „Wein aus verschiedenen Europäischen Anbaugebieten“ – geöffnet zu haben.

Ab und an gesellen sich US-amerikanische Berlinbesucher dazu und erfahren so die getränketechnische Überlegenheit der alten Welt. Weil: Das ginge in USA so überhaupt gar nicht. Alkoholische Getränke in der Open-Air-Öffentlichkeit zu konsumieren ist dort ein Fall für den Staatsanwalt.

Beispiel New York. Neulich auf der Uferpromenade von Roosevelt Island. Ein cop  hat sich  bedrohlich vor einem älteren Mann aufgebaut, Hand an seinem Pistolenholster, breitbeinig. Wer ist der Mann? Mafia? Ein obszöner Entblößer? Ein Verwandter von Bin Laden? Nein, der eingeschüchterte Mitt-Sechziger entpuppt sich als niederländischer Tourist, der sich auf eine der Bänke am Ufer gesetzt hat – mit einer Dose BIER!

Wer nun meint, im Inneren von Lokalen wäre man sicher vor durstspezifischen Regularien, irrt. Vor allem am Sonntag Vormittag. Ganz New York geht heute zum traditionellen Brunch. Anders als bei uns hat Brunch dort nichts mit Buffet und all-you-can-eat zu tun, sondern ist im Wesentlichen ein ganz normales Frühstück, bei dem man lediglich länger in der Warteschlange vor dem Lokal verweilt, als zum essen darin. Nun haben die Amerikaner eine beneidenswert üppige Frühstückskultur (Eier auf 1001ne Art, Pancakes, Refill Coffee, Würstchen und Bacon, etc.) zu der sich originelle Variationen von Bloody Mary gesellen. Nur: Der Konsum derselben ist Sonntags vor 12 Uhr nicht gestattet. Es muß mein europäisches ich sein, welches ausgerechnet in New York, unbedingt jetzt, vor 12 Uhr,  eine Bloody Mary oder ein Glas Prosecco konsumieren möchte. Nix da!

Unglaublich unlustig rühre ich kurze Zeit später mit einer Selleriestange in einem Glas Tomatensaft herum. „Selbstverständlich können Sie gerne die alkoholfreie Version unseres Bloody Mary bestellen….“ verkündet der Kellner amerikanisch-heiter. Im Nachhinein kommt mir sein Lächeln ziemlich zynisch vor.

Beim Bummel durch einen Park in Brooklyn stoße ich auf weitere trinkrelevante Ermahnungen:

Kannte ich diesen Slogan nicht irgendwie anders?

Kannte ich diesen Slogan nicht irgendwie anders?

Und dann kam der Moment, an dem ich selbst so gerne zum Outlaw geworden wäre. Weiterlesen