Von Tanqueray Ten teerannisiert?

Welch merkwürdige Idee, so dachte ich mir. Gin, Tonic und Tee. Das versprach der Workshop von Tanqueray Ten, zu dem Top Bartender aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an mehreren Terminen nach Berlin eingeladen waren, um ein sensorisches Experiment zu wagen und die Erfahrungen von Klaus St. Rainer von der Goldenen Bar in München zu teilen.

Zehn kleine ...

Zehn kleine Bartender die sassen einst beim Wein; einer hat Jerry Thomas beschimpft, da warens nur noch neun …

Der rennomierte und vielfach ausgezeichnete Rainer (Mixologe des Jahres 2012, Bar des Jahres 2013) ist in seinem Anspruch an Mixturen, Verkostungen und Produkte durchaus ernst zu nehmen und würde sich nicht für Unsinnsveranstaltungen á la ´Juppheidi mit Joghurtlikör´ o.ä. an die Industrie verkaufen. Also hin zum Tanqueray Tea Lab ins semi-urige Lichtenberg.

Hamburg kennt sich aus mit Tee

Hamburg kennt sich aus mit Tee

Neugieriges Misstrauen lag in der Luft. Bestehen die Wacholderdestillate doch aus allerhand Kräuter-, Würz- und Fruchtzutaten. Im Gin gerne als ´Botanicals´ bezeichnet. Dazu die Aromatik eines Tonic Waters, was soll da noch eine zusätzliche Teemischung? Die Runde aus knapp 20 Bartendern aus Hamburg, zu denen ich mich gesellen durfte, betrat mit einer Mischung aus Neugierde und Skepsis das Tea Lab. Am Ende des Tages würden alle das Labor mit einer gänzlich anderen Mischung verlassen.

Frische Erkenntnisse über Tee im Allgemeinen und Aktuelles über Verfahren und Qualitäten erfuhr die Runde, bevor eine ausserordentlich spannende Sensorik Erkundung begann. Klaus St. Rainer und Tanqueray hatten knapp 40 Gewürze, Aromen und Tees in großen Säcken in die Hauptstadt verfrachtet, die nun erduftet und erschmeckt werden konnten. Von diversen Teesorten über klassische Ginzutaten (wie Angelica, Zitronenschale oder Süßholz) zu allerlei Kräutern oder Gewürzen (wie Hibiscus, Rosmarin oder Pfeffer). Auch ein isländisches Gewächs war dabei, das auffällig nach Brackwasser duftete und nur einen Teilnehmer nachhaltig zu einer Drinkkreation inspirierte.

Den weiteren Tag prägten fortan kreative Experimente mit den diversen Zutaten, um daraus eine aromatische Mischung zu kreieren, die dann in einen Teebeutel wandert und kurz den Gin aromatisch anreichert. Es wurde gewogen, gemörsert, abgeschmeckt, anerkennend genickt oder grimmig verworfen.

Es duftet, schmeckt, betört

Es duftet, schmeckt, betört

Hibiskus sorgte für Rotfärbung, einige entschieden sich für eine süßliche Komposition, andere wollten auf einer bitter-würzigen Aromatik den Gin & Tea & Tonic abrunden. Das abschließende Tasting, bei dem jeder seine Interpretation und Mischung vorstellte, zeigte nicht nur die Kreativität der anwesenden Bartender, es bewies insbesondere die aromatische Vielfalt, die eineinhalb Teelöffel Aromenmix in einem Gin zusätzlich hervorkitzeln können. Am Ende durfte jeder seine Lieblingsmischung abfüllen und eine opulente Teebox für die eigene Bar von Klaus St. Rainer beschriften und signieren lassen.

Etwas Gewürzstaub hängt in der Luft

Etwas Gewürzstaub hängt in der Luft

Ich wurde eines Besseren belehrt. Der Umgang, beziehungsweise die Bereicherung einer klassischen Gin & Tonic Mischung mit weiteren Aromen, deren Nuancen sich teegleich aus dem Beutelchen entfalten, macht Freude und vermag die Geruchs- und Geschmacksnerven komplex, fein und subtil zu betören. Selbst meine eigene Mischung mit Angelika, Melisse, Mariendistelfrucht, Rosmarin und Kamille verleitet mich zum allabendlichen Gin & Tea & Tonic Konsum.

Wenn Sie also künftig in der Bar Ihres Vertrauens den Bartender dabei beobachten wie er einen Teebeutel in den Tanqueray Ten hängt, so ist er weder verwirrt,

Die Rezeptur der Goldenen Bar

Die Rezeptur der Goldenen Bar

verträumt, noch abgelenkt. Ob sich der Anblick von Teebeuteln im Gin & Tonic demnächst verbreitet und durchsetzt, das bleibt abzuwarten und das darf am Ende glücklicherweise der Gast entscheiden. Diesem sei allerdings nachdrücklich angeraten, das Angebot des Bartenders durchaus in Erwägung zu ziehen, wenn dieser die Teevariante offeriert.

In München besteht die Möglichkeit bereits in der Goldenen Bar im Haus der Kunst.

In Berlin eröffnete Anfang Februar die G & T Bar in einem Hinterhof an der Friedrichstraße ihre Pforten und bereitet eine spannende Vielfalt an Variationen des Kultgetränks. Dort besteht natürlich die Möglichkeit, die Ergänzung des Gin Tonics mit einer Teemischung zu verkosten.

Montag bis Samstag geöffnet ab 20 Uhr in der Friedrichstraße 113. (Hier gehts zur Info via facebook)

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5 Kommentare zu “Von Tanqueray Ten teerannisiert?

  1. eichiberlin sagt:

    Bei Zusätzen gilt es selbstverständlich, skeptisch zu bleiben. Ich selbst füge meinem geliebten Single Malt nur sehr selten Wasser hinzu.

  2. vilmoskörte sagt:

    Ich bleibe skeptisch. Genauso wie bei Kaffee mit seltsamen Zusätzen.

  3. kormoranflug sagt:

    Da bleibe ich beim Gin-Tonic… 😉

  4. eichiberlin sagt:

    Keinesfalls. Bubble Tea ist tot. Yuppies eher eine Gattung des 20. Jahrhunderts. Gin & Tonic bleibt ein Klassiker für jede Gelegenheit und jeden Geniessertyp (selbst für Lohas, Bobos, Dinks oder Nimbys).
    Warum also nicht einmal eine Variante ausprobieren?

  5. vilmoskörte sagt:

    Eigenartig. Bubble Tea für Yuppies?

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