Das Waldorf Astoria Berlin öffnet seine Pforten. Endlich ist es nach mehreren Verschiebungen und Vertröstungen soweit und der virtuelle Brückenschluss zwischen Berlins Kurfürstendamm und New Yorks Park Avenue ist vollzogen. Zwei legendäre Hotels, zwei traditionsreiche Straßen, ein Hauch Art Déco und anspruchsvolle Drinks erwarten die Besucher am Hudson bereits seit 1931 (das Ur-Hotel in der 5th Avenue an der Ecke zur 33rd Street aus dem Jahre 1893 war 1929 geschlossen worden), an der Spree erfolgte der Start-Korkenknall zu Jahresbeginn 2013.
Mit der Lang Bar erinnert das Waldorf=Astoria an einen bedeutenden Regisseur, der 1933 die Flucht antrat und in die USA emigrierte, Fritz Lang. Lang wusste, dass aller Anfang schwer ist und Tücken in sich birgt, wie visionär man auch sein mag. Als sein Film zur Vision der modernen Stadt im Januar 1927 uraufgeführt wurde, konnte „Metropolis“ – heute ein Klassiker der Filmgeschichte – weder bei den Kritikern noch beim Publikum überzeugen. Das Werk wurde überarbeitet und es dauerte einige Zeit, um dann die angemessene Beachtung zu erfahren. Für das Waldorf=Astoria und somit auch die Lang Bar dauerte es ebenfalls etwas länger als geplant, wobei man nun merkt, dass das Barteam die Zeit gut genutzt hat und bereits zur Eröffnung auf eingespielte Weise die Bar und den Gastraum beherrscht.
Formensprache, Art déco Design und edle Materialien verweisen stilvoll auf die 1920er Jahre und greifen erneut die Verbindung New York-Berlin auf. Der dreieckige Raum nimmt wie der Bug eines Schiffes Kurs auf die Gedächtniskirche, die Fenster offenbaren einen Ausblick auf die Dynamik, die derzeit die City-West erfüllt, wozu das Waldorf=Astoria gewaltig beiträgt.
Der Tresen der Lang Bar ist in der Tat nicht kurz und zieht sich ums Eck. Die Wellenoptik in den Spiegeln hinter der Bar findet in der Deckenornamentik ihre Ffortsetzung und trägt elegante Bewegung und Schwingungen in den Raum. Das Deckenmuster wiederum spiegelt sich im Boden wieder. Dezentes Licht aus schönen Messinglampen illuminiert den Raum gelungen. Plätze am Tresen oder diskrete Sitznischen entlang der Wand bieten diverse Möglichkeiten des Verweilens.
Das legendäre „Old Waldorf-Astoria Bar Book“ ist den „Studenten der Kulturgeschichte“ gewidmet, daher lassen wir uns gerne zu Studienzwecken auf den Barhockern nieder und entdecken in der vielfältigen Getränkekarte eine spannende Mischung aus alten Klassikern der Waldorf=Astoria Geschichte, aber auch den kreativen Geist des Barteams um Wieland Hartauer, das mit Eigenkreationen und vielen erfrischenden Ideen den ausgetretenen Pfad vieler bundesrepublikanischer Hotelbar-Standards verlässt. Der Batisda vermählt Rum und Sellerie auf schmackhafte Weise, ein Safran Old Fashioned spielt mit Gin, Süße und Gewürzen und mit diversen flaschen- und fassgereiften Cocktails experimentiert das Barteam derzeit eifrig und feilt an Lagerungsmethoden, Aromaeinflüssen und Reifezeiten.
Der aufmerksame Service stellt begleitendes Wasser neben den Cocktail, Popcorn mit Trüffelsalz kitzelt den Gaumen und dem Raum gelingt es, ein angenehmes Gefühl der Vertrautheit und beinahe einen Hauch Patina auszustrahlen. Als hätte Fritz Lang mit seiner Gemahlin Thea von Harbou (oder eher mit seiner Geliebten Gerda Maurus) eben erst den Raum verlassen.
Neben den Spirituosen, Weinen und Cocktails werden auch die Bierfreunde nicht im Trockenen stehen gelassen. In der Hotellerie sind originelle Biere sehr selten und so mancher große Hotelname ist als Repräsentant für das Bierland Deutschland eine Schande. Nicht die Lang Bar. Tatsächlich gibt es stolze drei Biere frisch aus dem Zapfhahn und dazu gesellt sich flaschenweise das anspruchsvolle Craft-Bier Sortiment aus dem Hause Braufactum und sorgt für die Qual der Getränkewahl.
Auf der Jagd nach Kritikpunkten in der Bar kann man nach langer, langer Suche dann doch noch fündig werden, wenn man seine Garderobe an dem Ständer zwischen Bar und Konzertflügel aufgehängt hat. Wenn die Pianistin dort für angneheme Begleitbeschallung sorgt, kommt man sich doch als Störenfried vor, wenn man direkt vor der Dame in der abgedunkelten Raumsituation nach seinen Utensilien kramt.
Die Preisgestaltung entspricht erwartungsgemäß dem Niveau eines Fünf-Sterne-Hotels und wird daher keine Sparfüchse und Happy-Hour-Hopper anziehen. Die ungewöhnlichen Drinks rechtfertigen die Preise, da es das Cocktailsortiment so nicht an jeder Ecke gibt. Und wenn sich die Kreativität des Barteams so fortsetzt, werden sicher immer wieder neue Kreationen und Überraschungen hinzukommen. Eine getränketechnische Hommage an Namensgeber Fritz Lang fehlt noch. Daher erwarte ich demnächst Filmtitel-Drinks mit Namen wie ´Tiger von Eschnapur´, ´Dr. Mabuse´, ´Frau im Mond´ und natürlich: ´Metropolis´!

Ungewöhnliche Meldung für Berlin in diesen Tagen: Fertig! Keine Baustelle mehr. (Bild vom Juni 2011)
Lang Bar im Waldorf Astoria Hotel, Hardenbergstraße 28, 10623 Berlin-Charlottenburg