Taj Mahal = Krone des Ortes?

Sollte man Vorsicht walten lassen, wenn ein Restaurant den Namen eines Grabmals trägt? Wahrscheinlich. Obgleich das originale Taj Mahal natürlich ein schöner und magischer Ort ist, benannt nach der Lieblingsfrau des Moguls Shah Jahan, der Indien im 17. Jahrhundert ordentlich Shakespeare-isch aufgemischt hat. Mumtaz Mahal hieß die Holde. Wurde sie vergiftet?

Zurück nach Charlottenburg, wo auf der schönen Seite des Stuttgarter Platzes

Auch das Brot hat sich aufgeblasen

Auch das Brot hat sich aufgeblasen

doch so feine kulinarische Orte warten. Optimistisch gehe ich nachträglich davon aus, dass man mich nicht vergiften wollte. Dennoch zog ich übellaunig fort und mag fortan die Krone des Ortes (wie Taj Mahal übersetzt lautet) nicht recht ernst nehmen.

Auf die Optik des Ladens kann die Betitelung nicht gemünzt sein, die sich innen architektonisch hart an der Grenze von schlicht zu schäbig bewegt. Auf uraltem Dielenboden wackeln rustikale Holztische, umringt von blauen Sitzgelegenheiten und schiefen Lampen. Nahe dem Savignyplatz hat kürzlich ein schwedisches Restaurant „Der alte Schwede“ geschlossen. Ob die dortige Inneneinrichtung indisch umgewidmet wurde?

Ein guter Grund, sich hier niederzulassen sind die Außenplätze unter den alten Gaslaternen und schattigen Bäumen entlang den großzügigen

Kinderfreundlich wegen gelbem Reis

Kinderfreundlich wegen gelbem Reis

Bürgersteigen der Leonhardtstraße. Mit Blick auf einige vortreffliche Orte der kulinarischen Einkehr auf der anderen, der östlichen Straßenseite. Mein verzweifelter Blick fiel zunächst auf einen relativ trocken-abgestandenen Salatteller, den der freundliche Kellner („erstmal Vitamine“) im Vorübergehen kurz abwarf. Die ungeschickt daraufgeklatschten zwei aromatisierenden Flüssigkeiten (Dressing wäre geprahlt), einmal mit Joghurt-Kräuter, einmal mit einer Art süß-sauer Chutney, imponierten höchsten farblich. Aromatisch weniger.

Zwischenzeitlich hatten sich einige Familien eingefunden, die ihren Nachwuchs international aufwachsen sehen möchten. Die Kinder scheinen den Reis zu lieben. Weil er gelb ist, wie ich hörte. Und das Bhatura Brot, das sich zum Ballon aufbläht. Letzteres war tatsächlich gut.

Lamm zu bestellen in Lokalen, welche man nicht  gut kennt, wird öfter einmal

Das Auge isst mit

Das Auge isst mit

gnadenlos bestraft. Ich habe es nicht besser verdient. Hätte ich doch Huhn geordert. Auf einem Teller, der die Optik standardisierter Mikrowellen-Mulden-Schalen für die Essen-auf-Rädern-Kavallerie imitiert, kam mein Hauptgericht von der Karte mit den Tagesempfehlungen. Positiv war die Soße, die die Verwendung von frischen Gewürzen zumindest zaghaft andeutete und eine gewisse angemessene Schärfe leider mit Süße abmilderte, sowie die Julienne-artig gehobelten Ingwerstäbchen. Eher negativ war die Qualität des Lammfleisches, das teilweise übermäßig faserig und über den Garpunkt hinweg schien, andererseits fetttriefend Saftigkeit simulierte. Zu 9,50 Euro.

Der Service war freundlich und fleißig und hatte als Ein-Personen-Phänomen den gut gefüllten Außenbereich ordentlich im Griff. Nur das Abräumen bereitete Schwierigkeiten, sehr zur Freude der umtriebigen Spatzen.

Insgesamt betrachtet, haben wir es mit einem schlauen Gastronomen zu tun, dem es gelungen ist, seinen Kunden einzureden, sie müssten für Imbiss-Küche und -Ambiente Restaurant-Preise bezahlen. Hut ab! Die Investition in Styling und Accessoires ist dabei extrem überschaubar. Möglicherweise will es der Deutsche Gast so, wer weiß.

Frau Mahal starb seinerzeit jedenfalls nicht an einer Vergiftung, sondern an der Geburt ihres 14. Kindes. Und ich muss sofort einmal wieder einen Flug nach London buchen, um vernünftig indisch essen zu gehen.

Leonhardtstraße 24; 14057 Berlin-Charlottenburg; Tel: 030 – 323 7117

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11 Kommentare zu “Taj Mahal = Krone des Ortes?

  1. ich liebe indische essen…
    aber am besten das essen lernen zu kochen uns selbst zu machen…da weiss man was auf dem tisch steht….!

  2. Costa sagt:

    Das ist ja wirklich nicht zu Fassen. Ich würde mich wirklich schämen sowas auf den Tisch zu stellen. Da hättest du dir auch aus dem Supermarkt son Mikrowellenteller kaufen können. Das hätte vielleicht noch anspruchsvoller ausgesehen!

  3. Manu sagt:

    Das Preisleistungs- verhältnis ist wirklich nicht besonders gut. Vorallem finde ich das Angerichtete unappetlich…in einer Mikrowellenschale, da vergeht der Appetit. Ob ich überhaupt mal beim Inder essen werde,nach diesem Beirag wahrscheinlich nicht.

  4. eichiberlin sagt:

    In einen Joghurt geschüttet bekommen wir einen Grappa-Lassi. Empfehlenswert?

  5. eichiberlin sagt:

    Gerne möchte ich entgegnen: „Lass nicht ein schwarzes Schaf den Schatten auf eine ganze Gattung fallen lassen.“ Aber ich kann nicht. Der müllig-lieblose Charakter vieler indischer Lokale muss einen Grund haben. Wollen die Deutschen das so? Meine Spende für die Dritte Welt? Armes Indien.

    Die beiden oben genannten Restaurants kann ich allerdings tatsächlich guten Gewissens empfehlen.

    Sorgenvoll muss ich nachfragen, ob die Boutique Deiner Freundin in der Bleibtreustraße lag?

  6. eichiberlin sagt:

    Mein Favorit bleibt das „Namaskar“ in Wilmersdorf. Hier stimmen Küche und Ambiente. (Warum indische Lokale im Innernen oft aussehen, als hätte man ein Müllhalde geplündert, weiss der Geier.)

    https://eichiberlin.wordpress.com/2008/04/16/namaskar-indisches-restaurant-in-berlin/

    Platz zwei bekommt das „Rasas“ in Westend, wo die Atmosphäre tatsächlich sehr edel ist.

    https://eichiberlin.wordpress.com/2008/04/29/restaurant-rasas-in-berlin/

  7. eichiberlin sagt:

    Ich hätte einfach die Straßenseite wechseln müssen. Leider war es im Mano die Fata komplett voll.

    https://eichiberlin.wordpress.com/2009/10/18/mani-di-fata-charlottenburg/

  8. Jessica sagt:

    Ich mag die indische Küche, aber bei manchen kann ich echt nur den Kopf schütteln..Dann mach ich mir lieber die Mühe und koche Zuhause selber und genieße dabei ein Glässchen Grappa Berta 😀

  9. Christel sagt:

    Nachdem meine Freundin mit ihrer Boutique in Charlottenburg jahrelang Nachbarin eines indischen Restaurants war und mich immer inständig vor den hygienischen Zuständen gewarnt hatte, stehe ich – vielleicht ungerechterweise – der indischen Küche insgesamt sehr kritisch gegenüber, obwohl ich sie eigentlich mag. Schuld daran ist aber auch das oftmals erstaunliche Preis-Leistungs-Verhältnis, bei dem ich mir einfach keine wirklich gute Qualität vorstellen kann.

  10. vilmoskörte sagt:

    Tja, mit den Indern in Berlin ist das so eine Sache. Kennst du einen einigermaßen guten?

  11. Bei unseren „Indern“ kann man leider schwer auf die Nase fallen. Hättest du dir doch ein paar Brote geschmiert und mitgebraccht, dann wäre das nicht passiert …
    😉

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