Woody Allen wäre beinahe auch dort gewesen – Crackers

„Essen ist das neue Clubbing!“ Ein vielgehörter Satz in diesen Tagen in der Hauptstadt. Der Beweis läßt sich kaum besser antreten, als in den Räumlichkeiten des bisherigen Cookies Clubs mit der originellen Drayton Bar, der nun in ein cooles Restaurant transferiert wurde. Clublegende und Nightlife-Impresario Heinz Gindullis, besser bekannt als Cookie, entwickelte mit dem Cookies Cream und dem Chipps bereits ansprechende Gastro-Konzepte und geht mit dem Crackers jetzt noch einen Schritt weiter.

SAM_0598Neben einem schmackhaften Mahl erwarten zahlreiche Mitte-Menschen eine spezielle Atmosphäre, eine kosmopolitische Aura und womöglich noch einen gewissen Promi-Faktor. Das Crackers wird wohl durchaus in der Lage sein, Orten wie dem Grill Royal oder dem Borchardt den einen oder anderen Gast abspenstig zu machen. Insbesondere dem Grill Royal. Atmosphäre und Zielgruppe ähneln sich auf gewisse Weise. Die Faktoren stimmen.

Am Abend des Besuchs war Woody Allen als Gast avisiert. Einer seiner großartigen Aussprüche lautet: „Ich hasse die Wirklichkeit, aber es ist der einzige Ort, an dem man ein gutes Steak bekommt.“ Ein solches hätte der Meister der Leinwand im Crackers definitiv vorgefunden. Beispielsweise ein Entrecôte oder Filet vom Charolais Rind aus Mecklenburg-Vorpommern (33 Euro für das Entrecôte zu 250 gr. oder das Filet zu 180 gr.). Beilagen, wie Kartoffelstampf,  Möhren, Bohnen, French Fries u.ä. werden zu je 4 Euro extra bestellt. Die Informationen in der Karte offenbaren, dass Küchenchef Stephan Hentschel großen Wert auf Herkunft und Qualität der einzelnen Produkte legt. Da ist dann enorm viel Chi-Chi gar nicht nötig. Auf großartige Weise unspektakulär und zugleich köstlich, kam der Eisbergsalat am Spiess daher. Der Stilton dazwischen war geschmolzen, die Blätter leicht angeflämmt und dazu ein Hauch von Limone. Das war einfach Klasse, eben weil es so genial einfach ist. Weiter ging es mit einem feinen Tartar und einer schmackhaften Cheviche. Wieder klang das Konzept der feinen Produktqualität mit einem geschicktan Twist durch. Die Vorspeisen und Suppen liegen preislich im Bereich von 9 bis 17 Euro.

Bei den Hauptgängen setzte sich das Phänomen fort. Bestes Steak mit idealem Garpunkt. Geschmortes Lamm aus Schleswig-Holstein mit maghrebinischer Würzung und Couscous (24 Euro). Konfierte Goldforelle mit Kräuterayran (22 Euro). Und auch wenn das L-Wort verpönt ist: Die Küche im Crackers ist tatsächlich sehr LECKER, ohne dabei zwingend köstlich sein zu wollen. Der Wohlfühlfaktor spielt eine Rolle, die weit über das hinausgeht, was auf dem Teller liegt.

Das Entree ist ulkig. Durch die unscheinbare Seitentür an der Friedrichstraße schreitet der Ankömmling durch einen Gang, um sich in der grünen Kachelung der Küche wiederzufinden. Danach erreicht man den Saal, an dessen anderem Ende eine große Bar den Raum durchspannt. Der Sitzbereich befindet sich erhöht in der Mitte. Wie in einem Boxring gilt es, ein paar Stufen zu erklimmen und sich einen Tisch mit dem hellen, edlen Holz und den blauen Retro-Design-Stühlen zuweisen zu lassen. Der Raum ist sehr geschickt beleuchtet. Hell und zugleich intim. Das Rechteck ist die stets wiederfindbare Form an Wänden, Decken, an den Tischen. Elegant, stylisch und doch auch gemütlich.

Der Service war großartig. Geduldig und akkurat wurde die Karte erklärt, humorvoll-ungezwungen und zugleich aufmerksam-professionell wurde der Abend begleitet. Die souveräne Weinberatung war wohldurchdacht und zuweilen überraschend. Lediglich bei den Aperitiv-Cocktails gestaltete sich das Timing schwierig. Die Drinks kamen nacheinander und dann zugleich auch schon das erste Gericht.

Das Crackers vermittelt ein gewisses authentisches Berlin-Feeling. Charmant, aber nicht zu clean, souverän, aber nicht zu steif. Dieses Gefühl besitzt Cookies sicher, wie kaum ein Zweiter, schließlich begleiten seine Clubs und Konzepte das neue Berlin bereits seit den wilden 90ern. 20 Jahre später tanzt man etwas weniger und ißt dafür besser. Allerdings verweisen die hochwertigen Lautsprecher und die musikalische Abendgestaltung mit Hilfe eines Plattenauflegers auf die Wurzeln der Party-Keks-Gemeinde. Party ist immer noch drin. Als Kann, nicht als Muß.

Und Woody Allen? Der hat etwas versäumt. Es war ein großartiger Abend. Ob er sein Steak dann doch im Grill Royal zu sich nahm?

Crackers

Friedrichstraße 158. 10117 Berlin-Mitte

 

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