Die Zahl der Cocktailwettbewerbe wächst und ihre Attraktivität steigt stetig an. Fortbildungen, Reisen, nützliche Utensilien oder geldwerte Prämien lassen sich sehen. Einige wenige der Competitions können Leben verändern, Karrieren bedeuten, Legenden schreiben. Als eine dieser raren, wahren Weltmeisterschaften darf die Bacardi Legaci Global Cocktail Competition gelten.
Die Bacardi Legacy beginnt mit nationalen Ausscheidungen in 19 Ländern, führt dann die Qualifikanten über diverse Kampagnen, Schulungen und Prämien ins Finale, wo die 18 Finalisten (Indien wurde durch ärgerliche bürokratische Hürden an der Reise gehindert) zunächst in Miami, Florida zusammentrafen, trainierten und vorzügliche Schulungseinheiten und Vorträge erlebten, um dann auf Puerto Rico der Herausforderung der letzten beiden Finaltage zu begegnen. Von Argentinien bis China, von Schweden bis Südafrika traf der gesamte Globus auf der karibischen Insel zusammen. Bacardi lud mich ein, um der Entscheidung auf Puerto Rico in San Juan und auf dem Gelände der eindrucksvollen Bacardi Destillerie beizuwohnen und natürlich zu erleben, wie die Wettbewerber aus dem deutschsprachigen Raum abschneiden würden.
Auf dem Weg ins Finale galt es für die Teilnehmer, ihre Cocktailkreationen in ihren Bars zu servieren, zu bewerben und durch originelle Aktionen zu inszenieren. Ihre Promotion-Kampagnen sollten während des Wettbewerbs mit der Zubereitung des Drinks der Jury um Simon Difford, Jörg Meyer und Vorjahressieger Shingo Gokan vorgestellt werden. Zunächst im Halbfinale im Conrad Hotel in San Juan, wo ein langer, aber sehr spannender und abwechslungsreicher Tag die Reihe der ungewöhnlichen und kreativen Drinks sah. Welcher würde das Zeug dazu haben, eine Legende zu werden? Welcher Drink wird Einzug halten auf Cocktail-Menus rings um den Erdball?
Mario Hofferer aus Österreich legte mit seinem „Cantineros Gentleman Daiquiri“ mit Bacardi, Kirschgeist, Grapefruitsaft, Zitrone und flambierten Rosmarin einen souveränen Auftritt hin und zeigte während seiner Präsentation auf amüsante Weise, welchen illustren Prominenten er seinen Drink bereits offerierte. Dolph Lundgren schien jedenfalls zufrieden mit dem Daiquiri.
Aus der Raclette Bar in Berlin reiste Dennis Wolf mit seinem „Hazy Shade of Apple“ an und komponierte einen Drink gleichsam als Hommage an den Song von Paul Simon von 1966, erfolgreich revitalisiert von den Bangles 1987. Vom Hazy shade of winter mit snow on the ground war in der Karabik zwar just nichts zu spüren, aber die optimistische Zeile „hang on to your hopes, my friend“ passte in die hoffnungsfroh-angespannten Schwingungen des Wettbewerbs. Der Cocktail macht Freude. Berliner sollten die Gelegenheit nutzen, in die Raclette Bar zu pilgern, um die Mischung aus Zimt-Infusioniertem Bacardi Superior, Martini Rosato, Limette, Vanille und trübem Apfelsaft mit etwas rosa Pfeffer zu probieren.
Über jenes Halbfinale wurde bereits kurz berichtet. Am Abend folgte ein elegantes Gala Dinner mit raren Bacardi Spezialitäten und nach schier endloser Wartezeit die Verkündung der Finalisten für den Trommelwirbel-bebenden, Daiquiri-geschwängerten und immens rasanten Abschluss der Bacardi Legacy mit den besten acht, die noch ein letztes Mal ihre Nerven zügeln, ihre Messbecher polieren und ihre Konzentration sammeln mussten.
Der Druck war spürbar. Bereits im Halbfinale lasteten Druck und Ungewissheit auf vielen Teilnehmern. Hier wurde die Stimme brüchig, dort floss der Schweiß in Strömen, dann fragten Verschwörungstheoretiker nach dem verschwunden Flambiergerät und warum die Zutatenlieferung noch immer nicht angekommen war. Im Finale setzte sich die Anspannung fort und führte beispielsweise dazu, dass ein Wettstreiter vergaß, den Rum in seinen Shaker zu geben. Darüber durfte die Jury selbstverständlich nicht hinwegsehen, die mittlerweile gewachsen war und zu der für das Finale Trunk-Titanen wie Salvatore Calabrese, Alex Kratena und Maestro de Ron und Destilliermeister von Bacardi, José Sanchez Gavito, gestoßen waren.
Über Nacht hatten die Kandidaten versucht, noch winzig an ihren Auftritten zu feilen. Wo konnte man noch geringfügig nachbessern? Was muss vordergründiger, was muss dezenter gehandhabt werden? Vorbereitung und Konzentration sind die wichtigsten Begleiter für einen professionellen Auftritt bei einem Wettbewerb.
Wer machte sich verrückt, wer blieb cool in der karibischen Hitze? Einige hatten hypnotisierende Blicke geübt, die sie auf die Juroren richteten und mit angemessenem Pathos verkündeten: „Don Facundo hatte vor 150 Jahren eine Vision und ich möchte diesen Gerist nun weitertragen.“ Andere hatten ein besonderes Detail oder einen originellen Scherz für den Zieleinlauf aufbewahrt. Hofferer blieb souverän und selbstbewusst und lag bei den Diskussionen und Einschätzungen im Publikum weit vorn. Als Vorletzter ging Dennis Wolf an den Start. Gesundheitlich leicht angeschlagen ließ er sich davon nichts anmerken und verströmte wie bereits im Halbfinale viel Natürlichkeit, Lebenslust und eine mit Humor durchsetzte Freude an seiner mixtechnischen Berufung. „Sabotage?“, fragten einige der Zuschauer, als plötzlich zu Beginn des Auftritts die Tontechnik versagte und für allerlei Irritation sorgte, zumal Wolfs Erläuterungen zeitweise nicht mehr zu hören waren. Seine filmisch-gesangliche Abschlusspointe ging in einem lauten Kreischen und Aufschreien unter. So entlud sich die Anspannung und Vorfreude einiger Damen aus der russischen Delegation hinsichtlich ihrer bevorstehenden Kandidatin.
Die Vorfreudigen jubelten berechtigt, wie sich wenige Minuten später herausstellen sollte. Elizaveta Evdokimova aus der Bar „Delicatessen“ in Moskau sollte den finalen Glanzpunkt setzen.
Ihre Kreation „The Knight Cup“ soll die Idee von Familientradition, Loyalität und Edelmut symbolisieren und sie gab dafür 45 ml Bacardi Superior Rum, 20 ml Cynar, 10 ml Grenadine Likör und 5 ml Zuckersirup in ein Rührglas. Ihr anmutiger Film, ihr charmantes und zielstrebiges Auftreten und natürlich ein hochkomplexer Drink gaben den knappen Ausschlag zum Triumph, der den weiblichen Delegationsmitgliedern aus Russland einen weiteren und noch intensiveren Lärm- und Jubelpegel entlockte.
Fassungslos und zugleich strahlend nahm Elizaveta Evdokimova die Trophäe und die Glückwünsche von Bacardi Markenbotschafter David Cordoba, der Jury und den Mitstreitern entgegen. Nun darf sie gespannt einem Jahr entgegenblicken, das ihr Leben und ihr Wirken als Bartenderin nachhaltig verändern wird. Denn: Nichts anderes bedeutet die Legacy.
Wie die anderen auch umarmt Dennis Wolf die Siegerin herzlich und läßt die Anspannung des Tages bei der anschließenden Feier von sich abfallen. Er strahlt, er lacht und bleibt der entspannte Zeitgenosse, der er nun einmal ist. Dennoch fragt er sich natürlich, ob es diese Lied-Textzeile in Hazy Shade of Winter war, die ihn den Sieg im Rum-Finale kostete: „Funny how my memory slips while looking over manuscripts. Of unpublished rhyme. Drinking my vodka and lime.“
Selbstverständlich. Es hätte mir so klar sein müssen, dass du ein solches Detail nicht unberücksichtigt lassen würdest. Klasse.
Schön geschrieben, lieber Peter!
Ich kann Dir in allem nur von Herzen beipflichten – lediglich in einem Punkt nicht, denn ich habe während meiner Performance keinerlei Beeinträchtigung empfunden. Technikprobleme gibts halt immer mal. Das mit der Abschlusspointe am Ende des Videos hab ich erst durch Dich erfahren – ich dachte ja, die applaudieren und kreischen wegen mir!
(Waren ja schließlich ne Menge Mädels da…;-))
Also alles gut!
Dieses Event wird wohl auf ewig in meinen Erinnerungen als großartige Erfahrung präsent bleiben.
Ach, und um Dich abschließend noch zu berichtigen: In meiner Version habe ich diese Liedzeile zu: „drinking Bacardí and Lime“ geändert…selbstverständlich…