Anthony Bourdain: Geständnisse eines Küchenchefs

Was Sie über Restaurants nie wissen wollten.

(Eigentlich liefert uns Berlinern die Ekel-Liste vom Bezirksamt Pankow diese Story.)

Geständnisse eines Küchenchefs

Geständnisse eines Küchenchefs

Mit diesem Buch wurde der Koch Anthony Bourdain zum Star. Tiefe Tiefen und dezente Höhen beschreibt Bourdain und suggeriert einen schonungslosen Blick in die Restaurant-Küchen der USA, vor allem in die von New York City. Gnadenlose Investoren, illegal eingewanderte Küchenhilfen, Sex, Drugs & Rock´n´Roll around the Porterhouse Steak.

Essen Sie Montags keine Meeresfrüchte! Meiden Sie diese Restaurants. Wer gibt einen Penny auf Wareneinsatz? Warum riecht die Umkleide wie ein Knast? Küchen-Apokalypse Now!

Das Buch ist gegliedert wie ein Ratgeber, entpuppt sich beim Lesen jedoch zusehends als Autobiographie in einem Ton wie: From Dusk till Dawn am Herd. Die Besatzung eines Piratenschiffs entert mit Kellen und Pfannen die HMS Madison Avenue.

Glaubt man dem Kerl sein Tun und Treiben? Vielleicht. Egal. Es ist mitreissend geschrieben. Hart, grell, komisch und pornografisch. Rasant. Ich mochte das Buch und finde es unsäglich, dass seine TV-Show No Reservations in der deutschen DVD-Fassung ohne englische Tonspur daher kommt. (Diese seltsamen Menschen von Edel Records, ts,ts.)

Heute reist Bourdain um die Welt, um die sonderbarsten und extremsten kulinarischen Erfahrungen zu machen und für das Fernsehvolk davon zu berichten. Er war übrigens auch auf eine Konnopke-Curry in Berlin, was Till Ehrlich in einem lesenswerten Artikel in der TAZ festgehalten hat.

Was Anthony Bourdain aktuell treibt, erzählt er uns in seinem Blog.

Ich werde auch sein nächstes Buch lesen.

Dieses hier ist bei Goldmann als Taschenbuch erschienen.

Eichhorn/Götz: Berlin beisst sich durch

Martin Luther hat gesagt: „Iss, was gar ist, trink, was klar ist, red‘ was wahr ist.“ Da lässt man sich doch gerne Missionieren.

Mir selbst steht natürlich geburtsbedingt die Weißwurst näher als die Weisheit, dennoch wollte ich gerne die Anleitung des großen Reformators befolgen, als mir das Glück auf den Teller hüpfte und ich an einem Buch mitwirken durfte, von dem ich stets der Meinung war, es fehle noch auf Berlins kulinarischen Büchertischen.

Jetzt ist es erschienen und man gestatte mir eine kurze Werbeeinblendung für diese gedruckte gastronomische Gebrauchsanweisung:

Berlin beißt sich durch – Kulinarische Kuriositäten in der Hauptstadt“ von Thomas Götz und Peter Eichhorn

Und darum geht es: So schmeckt Berlin – Die vielseitigste Stadt Deutschlands. Hier treffen die Extreme, Widersprüchlichkeit, Internationalität, Lebendigkeit, Tradition und auch das Chaos aufeinander.

CoverGAstroNicht nur auf den Straßen der Metropole, sondern genauso auf den Tellern, in den Gläsern und an den Tresen der Hauptstadt.

Maultaschen und Heuschrecken, It-Girl und Punk, Zyankali Cocktail und Berliner Weiße.

Stil oder Stilbruch? Extrem köstlich oder kolossal schräg? Lassen Sie sich führen, lassen Sie sich verführen, zu den versteckten kulinarischen Merkwürdigkeiten ebenso wie zu den bewährten schlemmerhaften Besonderheiten.

Ob bewährter Berliner oder Neuling in der Stadt, dieses Buch wird Ihr Leitfaden sein für die ganz besonderen gastronomischen Augenblicke und Abenteuer: Wer wagt, genießt!
Erschienen im Grebennikov-Verlag (ISBN 9783 9417 84017) zum Preis von 14,90 Euro. Erhältlich im gut sortierten Buchhandel!

Eine englischsprachige Ausgabe kommt in diesen Tagen unter dem Titel „Berlin Bites“ ebenfalls auf den Markt.

Die Frau im Dunkeln in der Victoria Bar

DSC02856Die Bar als bravouröse Bühne für eine Zeitreise in die Jahre zwischen 1901 und 1935, als es für Frauen eine immense Herausforderung darstellte, sich als Autorinnen und Komponistinnen durchzusetzen. Einige davon legten sich Männernamen zu. So verbirgt sich hinter Henry Love eigentlich Hilde Löwe, Peter Perten heißt in Wahrheit Ruth Feiner. Da gilt es, mehr zu erfahren!

Im Juli entführte die Viktoria Bar in eine musikalische Geschichtsstunde der besonderen Art. Beate Hindermann lud die Sängerin und Schauspielerin Evelin Förster ein, um sie zu deren Projekt „Die Frau im Dunkeln“ zu befragen und zum musikalischen Vortrag zu bitten. Leidenschaftlich berichtet Evelin von ihrer Spurensuche und DSC02857akribischen Recherche zu Frauen, deren künstlerische Leistung teilweise zur Legende, andernteils in Vergessenheit geriet.

So mancher verstaubte Koffer ist dabei wohl auf vergessenen Dachböden zum Vorschein gekommen.

Bekannte Namen wie Mascha Kaleko und Claire Waldorff lassen das Publikum wissend nicken. Die Weiterlesen

Le Schicken – Foodfanzine

Dies ist kein Magazin für Hühnerfreunde mit Rechtschreibeschwächen. Nein, mit dem Namen gemeint ist die Anweisung eines Kochs, den Teller für den Gast fertig zu stellen.

Die vierte Ausgabe dieses sorgfältig und ansprechend hergestellten Lesefutters für Koch-, Kochen- und Küchen-Begeisterte ist erschienen und bietet, wie in den vorangegangenen drei Heften, informatives, nützliches und unterhaltsames rund um den Teller.

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Rezepte stehen dabei nicht im Vordergrund, auch wenn immer wieder spannende Angebote auftauchen. Das aufregendste sind die großartigen Interviews mit Meisterköchen, Küchenkünstlern und Produktexpertinnen. Privates wie Fachliches enthüllen die cleveren Fragesteller und runden den Lesespaß mit teilweise genialen Fotoserien ab.

In der aktuellen Ausgabe gilt das Leitmotiv dem Blick hinter die Kulissen der Fernsehköche. So berichtet beispielsweise Mario Kotaska von Pionierprojekten und Prozessen; Kolja Kleeberg von Jakobsmuscheln und Johnny Cash; Ralf Zacherl von Harald Wohlfahrt und George Clooney (und warum der Mitschuld an Kochsendungen trägt). Faszinierend auch mein  Lieblingkapitel: eine Gesprächsrunde von vier besseren Hälften von Herdhelden. Aber obacht, in diesem Abschnitt tauchen Bekenntnisse zu Ketchup und Küchentabus auf. Und der wunderschöne Satz: „Naja, er kocht halt.“

Großes Kochkino in Worten und Bildern zum Preis zweier Currywürste mit Beilage. Das leckere Magazin aus Berlin ist nicht an jeder Ecke zu haben. Verkaufsstellen und Bestelladresse sind auf der Website verzeichnet. Mein liebster Kauf-Ort in Berlin bleibt jedoch der supernette Kiosk an der Ecke Schlüter- zur Kantstraße. Support your local dealer!

Einziges Manko der aktuellen Ausgabe für mich: ausgerechnet der unvermeidliche Johann Lafer ziert das Titelbild mit seinem ewiggleichen Grinsen. Schnurrbart sells? Das geht noch weniger Mainstream.

www.le-schicken.de

Ruth Reichl: Falscher Hase

Tarnen, täuschen, testen. „Als Spionin bei den Spitzenköchen“ lautet der Untertitel zu diesem großartig unterhaltsamen Buch, in dem die bekannte (ehemalige) Gastro-Kritikerin de New York Times  ihre faszinierenden Erlebnisse als Undercover-Testerin schildert.

Auf dem Flug nach New York, um die neue Stelle als kulinarische Kritikerin anzutreten, wird Ruth Reichl von einer Mitreisenden zu ihrer Verwunderung erkannt und erfährt, dass sämtliche Restaurants in New Yor City auf ihre Ankunft vorbereitet sind. Alle haben bereits „Fahndungsbilder“ montiert, um die „Neue“ sofort zu erkennen.

Da hilft nur eines: Verkleiden und das immer wieder anders.

Nun begleitet der Leser nicht nur Frau Reichl  durch die faszinierend beschriebenen Lokale und durch die sehr sinnlich-appetitlich beschriebenen Gänge, sondern auch die Figuren, deren Rolle sie einnimmt. Mal ist sie die unscheinbare alte Damen, mal das naive Landei, mal die glamouröse Tussi und auch mal sie selbst. Manchmal erlebt sie das gleiche Restaurant in verschiedenen Rollen vollkommen unterschiedlich.

DSC02686Mich begeisterten ihre Berichte von glorreichen Menüs, desaströsen Verhaltensweisen und schadenfreudigen Experimenten. Mich begeistert auch ihr Credo, mit dem sie an das Phänomen „Gastwirtschaft“ herantritt: Nicht nur Essen wird verkauft, der Kunde zahlt auch für ein (hoffentlich) unvergessliches Erlebnis zu dem eben auch Service, Ambiente und Behandlung gehört.

Die deutschsprachige Taschenbuchausgabe ist 2008 bei Blanvalet erschienen

Bill Buford: Hitze

So rasant kann eine Reportage aus der Wirklichkeit sein.  Ein mitreißender, sinnlicher Erlebnisbericht eines gestandenen Journalisten, der Hals über Kopf beschließt, Koch zu werden. Bill Buford nennt es auch: Küchensklave.

Er wendet sich an den bekannten Koch Mario Batali, dessen Restaurant-Imperium New York mit italienischer Küche versorgt. Ganz unten in der Küchenhierarchie des legendären „Babbo“, darf Buford fortan seine neue DSC02580Karriere beginnen. Unglaublich intensiv vermittelt er das Geschehen im hinteren Bereich eines Restaurants. Angefangen von ruhigen, geregelten Abläufen der Vorbereitungsphase, über die Befindlichkeiten der Beteiligten und ihre Interaktion auf engstem Raum, bis zu der Hektik an der Stationen der Postenköche, wenn der Laden auf Hochbetrieb rotiert.

Mitreißende Temposteigerungen und eine sinnliche Sprache, bei der ich das Gefühl bekam, dass mir selbst während der Lektüre über den Einsatz an der Grillstation die Härchen der Unterarme weg-sengen. Hitze, eben!!

Aus Interesse entwickelt sich Leidenschaft. Buford reist nach Italien zu einigen der Lehrmeister des Mario Batali. Unmittelbar und authentisch will er lernen, wo die Ursprünge und Taditionen der italienischen Küche schlummern. Eine alte Frau weist ihn in die Komposition der Pasta ein, ein seltsamer Metzger vermittelt den Umgang mit Fleisch. Gedanken über Tierhaltung, Wein und Olivenöl werden zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für Slow-Food.

Der Leser erlebt mit und lernt mit. Bill Buford forscht in den ältesten Kochbüchern, die er finden kann, recherchiert die frühesten Rezeptversionen einiger Küchenklassiker. Immer wieder greift er die Frage auf, ob die Franzosen nur so gut kochen können, weil Katharina de´Medici denen die italienischen Rezepte verraten hat.

Hoffentlich gilt sein nächstes Buch der Küche Frankreichs.

Erschienen 2008 im Hanser Verlag

Ferran Adrià: Ein Tag im elBulli

Ein kleiner, agiler Mann mit schwarz-grauen Haaren betritt die Bühne und benötigt gerade einmal 30 Sekunden, um den ausverkauften Saal in seinen Bann zu ziehen.

dsc02035Es ist Ferran Adrià, der beste Koch der Welt aus dem besten Restaurant der Welt. So zumindest steht es auf dem Einband des Buches, welches hier präsentiert wird. „Ein Tag im elBulli“, dem Restaurant, das 2 Millionen Reservierungsanfragen im Jahr aus aller Welt erhält, aber nur 8.000 Plätze vergeben kann.

Es geht um eine kreative Art zu kochen, die unter dem Namen Molekularküche in Deutschland beliebtes Opfer von Häme und Spott ist. Überhebliche Kritiker und träge Küchenchefs verdammen sie nur allzu gerne, die Technik, die Kochzutaten verändert, verwandelt, manipuliert, um den Konsumenten zu verwirren und zu überraschen. Neugierige, kreative und experimentierfreudige Köche trauen sich kaum, den Begriff „Molekularküche“ zu verwenden, ihn gar auf die Karte zu schreiben. Dabei experimentieren so viele Restaurants weltweit mit den verschiedenen Techniken und bereichern somit ihr Angebot, ohne gleich ein Dogma daraus zu machen.

Wird es Ferran Adrià gelingen, die skeptischen Deutschen zu öffnen, sie neugierig zu machen? Gerade hier in Berlin, wo die kulinarische Tradition nach deftig, nach Fleisch und nach viel davon, verlangt. Weiterlesen