Neulich konnte ich nachlesen, dass John F. Kennedy unmittelbar vor der Verkündung des Embargos gegen Kuba, sich angeblich von einem Mitarbeiter 1.200 kubanische Zigarren besorgen ließ. Das war sehr schlau und zeigt: Wissen ist Macht.
Ich hingegen verpasste stets die Einstellung der vielen Berliner Biermarken, die ich zwar trank, aber nicht horten konnte. Nur in meiner Erinnerung sitze ich noch vor einem wundervollen Patzenhofer, einem Bürgerbräu Bock und einer Schultheiss Berliner Weisse. Bereits diverse Male betrauerte ich (in Foren oder dem Buch „Berlin schenkt ein“) den Verlust der Weisse Tradition in Berlin und das womögliche bevorstehende Verschwinden dieser ursprünglichen Berliner Brautradition. Viele der Kleinbrauereien scheuen zudem die Verwendung der erforderlichen Milchsäurebakterien, deren Rückstände ja andere Bierstile leicht verderben können.
Kürzliche berichtete ich von einer Veranstaltung im BerlinBierShop in Moabit, bei dem Brewbaker und Stone Brewing ihre Biere präsentierten (Arrogantes Bier für Berlin), erwähnte dabei jedoch nicht den Ausklang der schönen Veranstaltung. Jeder Teilnehmer war aufgefordert, ein interessantes Bier beizusteuern, was dann im Anschluss an die Brauerprobe gesellig ausgeschenkt wurde. Unter den belgischen Lambic und Kriek Bieren, hochprozentigen Barley Wines und allerlei (mitunter anstrengenden) Kuriositäten, mutete mein mitgebrachtes englisches Bitter Ale vermutlich eher durchschnittlich an. Mein persönliches Highlight an jenem Abend war dann ein Bier, dessen Existenz ich kaum mehr glauben konnte.
Auf einmal standen da einige Flaschen Schultheiss original Berliner Weisse herum. Das MHD war 2005
erloschen, aber die Weisse ist ja bekanntlich extrem haltbar (was mir einige der anderen Biergesellen glücklicherweise nicht glaubten).
Was für ein Genuss! Kein Vergleich zu dem einzigen noch verbliebenen Gebräu in Berlin, der Kindl Weisse. Letztere ist pur dermassen sauer, dass man sie in doofem Sirup förmlich ertränken muss, um ein halbwegs akzeptables Getränk zu erzielen. Die Schultheiss Weisse kann pur genossen werden, wie es sich gehört(e). Ein spannendes Getränk mit milden und erfrischenden Noten, mit Kräutrigkeit und Zitrusfrische.
Der Gast, der diese Flaschen mitbrachte, war zu diesem späten Zeitpunkt leider bereits entfleucht und so kann ich nur auf diesem Wege von Herzen „DANKE!“ sagen. Danke, für dieses sensorische Erlebnis, das zeigte, was für ein formidables Getränk eine Berliner Weisse darstellt(e) und das bitte, bitte nicht in der derzeitigen Vergessenheit und belanglosen Verpanschtheit verharren darf.