Ruth Reichl: Falscher Hase

Tarnen, täuschen, testen. „Als Spionin bei den Spitzenköchen“ lautet der Untertitel zu diesem großartig unterhaltsamen Buch, in dem die bekannte (ehemalige) Gastro-Kritikerin de New York Times  ihre faszinierenden Erlebnisse als Undercover-Testerin schildert.

Auf dem Flug nach New York, um die neue Stelle als kulinarische Kritikerin anzutreten, wird Ruth Reichl von einer Mitreisenden zu ihrer Verwunderung erkannt und erfährt, dass sämtliche Restaurants in New Yor City auf ihre Ankunft vorbereitet sind. Alle haben bereits „Fahndungsbilder“ montiert, um die „Neue“ sofort zu erkennen.

Da hilft nur eines: Verkleiden und das immer wieder anders.

Nun begleitet der Leser nicht nur Frau Reichl  durch die faszinierend beschriebenen Lokale und durch die sehr sinnlich-appetitlich beschriebenen Gänge, sondern auch die Figuren, deren Rolle sie einnimmt. Mal ist sie die unscheinbare alte Damen, mal das naive Landei, mal die glamouröse Tussi und auch mal sie selbst. Manchmal erlebt sie das gleiche Restaurant in verschiedenen Rollen vollkommen unterschiedlich.

DSC02686Mich begeisterten ihre Berichte von glorreichen Menüs, desaströsen Verhaltensweisen und schadenfreudigen Experimenten. Mich begeistert auch ihr Credo, mit dem sie an das Phänomen „Gastwirtschaft“ herantritt: Nicht nur Essen wird verkauft, der Kunde zahlt auch für ein (hoffentlich) unvergessliches Erlebnis zu dem eben auch Service, Ambiente und Behandlung gehört.

Die deutschsprachige Taschenbuchausgabe ist 2008 bei Blanvalet erschienen

Bill Buford: Hitze

So rasant kann eine Reportage aus der Wirklichkeit sein.  Ein mitreißender, sinnlicher Erlebnisbericht eines gestandenen Journalisten, der Hals über Kopf beschließt, Koch zu werden. Bill Buford nennt es auch: Küchensklave.

Er wendet sich an den bekannten Koch Mario Batali, dessen Restaurant-Imperium New York mit italienischer Küche versorgt. Ganz unten in der Küchenhierarchie des legendären „Babbo“, darf Buford fortan seine neue DSC02580Karriere beginnen. Unglaublich intensiv vermittelt er das Geschehen im hinteren Bereich eines Restaurants. Angefangen von ruhigen, geregelten Abläufen der Vorbereitungsphase, über die Befindlichkeiten der Beteiligten und ihre Interaktion auf engstem Raum, bis zu der Hektik an der Stationen der Postenköche, wenn der Laden auf Hochbetrieb rotiert.

Mitreißende Temposteigerungen und eine sinnliche Sprache, bei der ich das Gefühl bekam, dass mir selbst während der Lektüre über den Einsatz an der Grillstation die Härchen der Unterarme weg-sengen. Hitze, eben!!

Aus Interesse entwickelt sich Leidenschaft. Buford reist nach Italien zu einigen der Lehrmeister des Mario Batali. Unmittelbar und authentisch will er lernen, wo die Ursprünge und Taditionen der italienischen Küche schlummern. Eine alte Frau weist ihn in die Komposition der Pasta ein, ein seltsamer Metzger vermittelt den Umgang mit Fleisch. Gedanken über Tierhaltung, Wein und Olivenöl werden zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für Slow-Food.

Der Leser erlebt mit und lernt mit. Bill Buford forscht in den ältesten Kochbüchern, die er finden kann, recherchiert die frühesten Rezeptversionen einiger Küchenklassiker. Immer wieder greift er die Frage auf, ob die Franzosen nur so gut kochen können, weil Katharina de´Medici denen die italienischen Rezepte verraten hat.

Hoffentlich gilt sein nächstes Buch der Küche Frankreichs.

Erschienen 2008 im Hanser Verlag

Death & Co. (New York)

Geheimnisvolle Aura, sphärische Klänge, gedämpftes Licht. Der Tod sucht Gesellschaft!?

Bin ich im Hotel California? Nein, die Cocktail Bar mit dem death n co tableVertrauen erweckenden Namen Death and Company hat sich diesen loungig-düsteren Charakter gewählt und die Fans strömen. Das Bardesign mit dunklem Holz hat ein sehr geschicktes Lichtdesign und vermittelt einen Charakter zwischen Speakeasy und Piratenhöhle.

Reservierung: nicht möglich. Wenn voll, dann voll. Gruppen mit mehr als sieben Personen? Geh weg.

Ansonsten: Super drinks, sehr originell. Rezepte und Kreationen, die ich aus Europa nicht kannte (Elder Fashioned, Black Prince, Kill-Devil Punch, etc.). Die meisten Drinks liegen so um die $12.

deathn co1Eine vernünftige Auswahl von Speisen ermöglicht die Grundlage zum weiteren Cocktailgenuß.
Eine lange Treppe führt in den Untergrund zur Toilette, nach jedem weiteren Drink kommt sie mir länger vor, die Tiefe wird zur Untiefe.

Und: Sehr präsente Bardame im Betty-Page-look mit beeindruckenden Tattoos. Habe mich aber nicht getraut, allzulange auf selbige zu starren.
So manches wirkt hier eben doch gefährlich.

East 6th Street 433, 10009 New York

http://www.deathandcompany.com

P.S.: Bei meinem letzten Besuch wurde kurz nach Mitternach die letzte Runde eingeläutet. Das wiederum hat mich schockiert!

Milk & Honey (New York)

Elvis Presley hat einmal an einem Elvis-Imitatoren-Wettbewerb teil genommen und…den dritten Platz belegt. Die Leute wollten nicht den Gesang, nicht das Original, sie wollten den Mythos. Mythos wird auch in quasi-flüssiger Form gehandelt. Das Milk and Honey macht es vor.

Eine Cocktail Bar? Nein. Es ist eine geheimnisvolle Aura, zu der man Einlass begehrt. Es ist nicht die Cocktail Kunst an sich, die im Vordergrund steht, wenngleich die Drinks schon taugen. Ohne zu glänzen.

pa170283„Speakeasy“ ist en Vogue im Big Apple. Atmosphärisch führt das M&H in die Zeit der Prohibition. „Wo bekomme ich einen Drink?“ „Speak easy, my friend, speak easy…“ Sprich leise…
und folge mir in die finstere Seitenstraße. Weiterlesen

Carlton Arms Hotel (New York)

Ich liebe diese Bruchbude mit Betten und Kunst.
„Hierhin kommen Möbel, um zu sterben“ (Where furniture goes to die) steht auf der Visitenkarte und tatsächlich hat Gerümpel hier eine Transformation erlebt.

Jedes Zimmer wurde von unterschiedlichen Künstlern gestaltet. Meist hat es ein besonderes Motto, ein Leitmotiv. In den Fluren und im Treppenhaus setzt sich das Bemalungskonzept fort. Ich hauste bereits im Glücksspieler Zimmer, im Britischen Murder Mystery Raum und im Sahara Salon.

Die Betten quietschen, die Klimaanlage im Fenster fungiert mehr als Verschattungselement.
Alles ist cool. Das Personal ist oft zu cool zum aufstehen. Echte New Yorker halt.
Neulich war mal jemand freundlich, aber das war eine australische Aushilfe.
Room Service ist uncool (in der Tat grundsätzlich überbewertet) und findet nicht statt.

Absolutes Respektslebewesen ist alleine die Katze.
p9160209

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Public (New York)

Ein Bummel durch Nolita, die Sonne geht unter, die Lower East Side und die Bowery wird wach.

Wir waren verabredet und wollten mit Freunden eines der hip-trendy-gotta go-Megu/Nobu/Spice Market weiß nicht mehr Restaurants ausprobieren.

Es war noch etwas Zeit bis zu dem Treffen. Nehmen wir doch noch einen Cocktail, einen Aperitif. Schau mal, das sieht doch ganz nett aus.
Ein Mitarbeiter des Public sah unsere neugierigen Blicke und lud uns freundlich ein, einen Blick hinein zu werfen. Na, da nehmen wir doch einen Cocktail. Ich mochte diesen Ort auf Anhieb. Denn: Ich liebe nackte Backsteinwände; ich liebe Apothekerschränke; ich liebe geschickte Beleuchtung.
Nach dem Drink an der Bar (es gab originelle Martini-Kreationen) mussten wir leider Weiterlesen

Momofuku Ko (New York)

Reservieren für Fortgeschrittene. Einen von nur 12 Plätzen in diesem winzigen Lokal zu ergattern ist gar nicht so einfach. Würdig sind nur diejenigen, die sich auf der Homepage aufwändig registrieren und sich dann genau-exakt eine Woche vor dem Wunschtermin um genau-exakt 10.00 Uhr früh in das System einloggen. Um 10.01 Uhr sind alle Plätze weg.

Der Gast hat auch sonst nicht viel zu melden. Es gibt genau-exakt ein Menü zu $160. Das wird serviert, basta. Immerhin darf man sein Getränk auswählen. Die Weinbegleitung für $95 war sehr ideal abgestimmt auf die zahlreichen Gänge.

Ähnlich einer Sushi-Bar wird auf Hockern wird Platz genommen, um einen Tresen herum, hinter dem sehr kreativ zubereitet wird. Zwei Küchenmeister reichen das Essen den Gästen herüber und nennen die Bestandteile. Nachfragen wurde als lästig empfunden, daher kann ich nicht mehr jedes Weiterlesen

Bronx Zoo (New York)

Mein Verhältnis zu Tieren ist widersprüchlich, schließlich bin ich kein Vegetarier. Ich gehe aber gerne in den Zoo, da ich neben Eichhörnchen eine Schwäche für Pinguine habe.
Mit den Pinguinen war in der Bronx nix los, ansonsten war es lustig.
Wenn da nicht die Schulkinder gewesen wären, von denen ich mir einige auf die andere Seite des Alligatorsichtfensters gewünscht hätte. Schwamm drüber – ein ruhiger Tag in der Bronx (wieder ein Widerspruch?).

Eich im Bronx Zoo

Der Zoo ist der größte Tiergarten der Welt mit über 100 Hektar und um die 4.300 Tierarten. Weiteres wäre in jedem beliebigen Reiseführer nachzulesen, daher hier nur meine zweieinhalb Highlights:

Besonders sollte eine Fahrt mit dem Monorail unternommen werden. Eine schöne und abwechslungsreiche Fahrt mit fröhlicher Kommentierung. Ich hätte auf noch drei Runden sitzen bleiben können.

Besonders stolz ist der Zoo auf seine Tiger, entsprechend inszeniert sind sie und auch sehenswert in ihrem großzügigen Auslaufbereich.

Besonders ironisch ist die kleine Raucherzone, die sich selbstverständlich und sinnigerweise am Camel-Gehege befindet.

Have a Camel

Zoo was…

Sushi Samba 7 (New York)

Ein Bekannter wollte mich warnen: „Hier gehen dünne Menschen nicht-essen. Solche, die dünn bleiben wollen. Vielleicht siehst Du ein paar staksige Models.“

pa160261Die Warnung half nix, das Design auf zwei Etagen sah irgendwie zu ulkig aus, außerdem hatte ich im benachbarten „Village Pet Store“ durch Fischstäbchen kulinarische Inspiration erhalten.

So galt es dann, ratlos über der Karte zu brüten, die Sushi genauso wie südamerikanische Kompositionen anbot. Kuriose Mischung. Am Wochenende werden auch südamerikanische Rhythmen geboten.  Unagi Rio? Komisch das.

Das Sashimi kam mit einer säuerlich-wässrigen Feuchtigkeit, die Maki-Rollen waren mit cremiger Soße erschlagen. Was auf der Karte kreativ klang, war mit Aromen zugekleistert, die die Frische des Fisches nicht mehr prüfbar machten. Immerhin schlägt eine solche Rolle mit um die $15 zu Buche.

pa160260

Die Peruanischen und Brasilianischen Spezialitäten habe ich nicht verkostet. Ich sah auch sonst niemanden selbiges tun. Eigentlich sah ich auch niemanden überhaupt essen.
Jedenfalls wurde mehr in das Design als in die Köche investiert. Man kann ja auch einfach auf einen Margarita vorbeischauen.

Seventh Avenue South 87, 10014 New York

www.sushisamba.com

The Stanton Social (New York)

Ein Hurra auf die Häppchen. Im Stanton Social erwartet den Nachtschwärmer eine besondere Interpretation des Phänomen Tapas. Noch nachts um zwei kann hier von federleicht bis super-mächtig gespeist werden. Jeder wählt sich seine Dosis selbst.

pa190394Man betritt einen Raum, der zur Hälfte eine Hommage an die 1940er Jahre darstellt, mit schweren Ledersesseln, dunklem Holz und kräftigen Farben an den Wänden. Die andere, obere Hälfte, trägt modern designete Beleuchtungselemente, hell gestrichene nackte Backsteinwände und ein hinter die Treppe integriertes Weinregal. Viele Kerzen flackern stimmungsvoll.
Auf einer der beiden Etagen kann die geeignetste Atmosphäre gewählt werden.

Die Grundidee besteht daraus, dass sich der ganze Tisch alles teilt, was nach und nach auf den Tisch kommt. Die Karte bietet Weiterlesen