Kalter Cocktail Krieg – Berlin Dehydriert

Berlin dehydriert! Ein komplexer Aufschrei, den wir Berliner mit sofortiger Wirkung durchaus ernst nehmen sollten!

Wie dehydrieren wir denn und was ist das überhaupt? Zwei Möglichkeiten nennt der Brockhaus: 1. Bei der Dehydrierung werden beispielsweise primäre oder sekundäre Alkohole zur Reaktion gebracht, oder sogar abgespalten. 2. Bei der Dehydration sind wir bedroht auszutrocknen. Beide Definitionen schreien irgendwie nach Maßnahmen in Form von hervorragenden Misch-Getränken.

Oder müssen wir den Hinweis auf den Kalten Krieg ernst nehmen, der ganz unauffällig auf den Einladungskarten vermerkt wurde, die auf den ersten Blick aussehen, wie Tickets zum Tennisturnier? Genau, wir sind in der Stadt der Spione und hinter dem Tresen stehen Smiley´s Leute. Bereit zum Duell mit stählernen Shakern am Eisernen Vorhang. In-filtriert wurden zuvor Vodka und Bourbon in die Mauerstadt.

Total trickreich die Tarnung in Tennistrachten. Wir erkannten sie Agenten bleiben unerkanntdennoch, die üblichen Verdächtigen:  Genossen der Green Door, Lebensstern Lockspitzel,  KGBellini Lounge und der Vietcong von Vis à Vis. Wie zu besten Schlapphut Zeiten traf man sich auf der Galander Glienicker Brücke zum Austausch von Moscow Mule und Lynchburg Lemonade.

Um Berliner Neutralität zu gewährleisten ohne eine Seite zu übervorteilen, wählte man diplomatisch geschickt ein halb und halb Getränk von Mampe. Erhältlich auch als Doppelbeschluss zu 4cl. Ein Elefant, wer böses dabei denkt. Nun konnte mixologisch Weiterlesen

Restaurant Entrecôte (Mitte)

Nach der garstigen Behandlung in der obdessen hassenswerten „Gendarmerie“ neulich, loderte der Zorn und brannte der Hunger. Was tun?

Die Wahl fiel auf Fred´s Restaurant „Entrecôte“. Ich weiß nicht, wer Fred ist, aber er schlägt sich wirklich wacker seit längerem in einer Gegend, in der DSC02611nach Büroschluss die Hose stirbt. Immer wieder vernachlässige ich dieses feine französische Fleischlokal und vergesse es für drei Monate. Warum nur? Wahrscheinlich, weil der Weg nie zufällig abends dort vorbei führt. Hier flaniert keiner entlang, so á la Savigny- oder Kollwitzplatz. Man muß es sich vornehmen.

Der schöne Raum ist groß und langgestreckt und birgt einige unterschiedliche Sitzoptionen, Nischen und Atmosphären. Auch für grössere Gruppen ist Platz, wobei diese denjenigen Gast selten stören, der eine intimere Stimmung schätzt. Groß genug ist es hier, alles verteilt sich angemessen.

Immer wieder der übliche Konflikt: Soll ich das bewährte bestellen, oder etwas neues probieren? Weiterlesen

Galander Bar (Kreuzberg)

Die Bar jazzt. Deano, Sinatra und Sammy Jr. grüssen von der Wand gleich vorne am Fenster vor dem Tresen. Weiter hinten spielt Sam nochmal für Rick.

DSC02705Gediegenes Bar-Ambiente füllt seit Mai den langen, schmalen Schlauch des ehemaligen Kolonialwarenladens nahe Riehmers Hofgarten. Der Raum wird in einem dunklen, klassischen Stil gehalten.

Die Bar grooved, jeden Sonntag, wenn der Piano Man kommt und  live für die passende Beschallung sorgt.

Die Bar mixt übrigens auch. Die aktuelle Karte ist recht übersichtlich gehalten, mit dem Schwerpunkt auf klassischen Drinks und wiederentdeckten Mixturen von vor 100 Jahren. 8,50 Euro kosten der Royal Bermuda Yacht Club, oder der Jack Rose für den ein schöner Applejack aufgetrieben wurde, der in Deutschland ja eh nicht an jeder Ecke erhältlich ist. Es scheint ratsam, sich zunächst an der Barkarte zu orientieren. Wünsche jenseits des ausgedruckten Angebots wurden zwar erfüllt (Simon Difford macht´s möglich), konnten jedoch nicht auf die gleiche Art überzeugen, wie die feinen Drinks der festen Karte. Unbedingt erwähnt werden sollte, dass das Galander auch Weinfreunde begeistern wird. Die Weinauswahl ist sorgfältig zusammen gestellt und etliche gute Tropfen werden auch glasweise serviert.

DSC02704

Die Bar salsat am Dienstag, wenn die revolutionären Herren des Rum-Club in einer Art freundlicher Übernahme in der Großbeerenbucht landen um fidel eine andere, Zuckerrohr-lastige Barkarte zu hissen. Wobei glücklicherweise nicht nur der Ruf nach „Cuba libre“ erschallt.

Die Bar peter-alexandert (so á la „die kleine Stamm-Bar in unserer Straße…“). Obgleich erst wenige Wochen am start, hat sich bereits eine Schar von stetigen Wiederkommern formiert und belagert den Tresen. Eines jener Tresenmaskottchen lässt seine zwei Lieblingsgläser gleich vor Ort im Eisfach aufbewahren. Eines für Vodka und ein ganz häßliches (mit Herzchen) für Schaumwein. Aha.

Die Bar rockt. Wirklich, sie sind da: Rollende Steine. Genauer: Bergkristall, Amethyst und Rosenquarz kugeln in der freundlich angereichten DSC02703Wasserkaraffe herum. Mineralwasser einmal anders. Schöne Idee. Nur: allzu leicht plumpst ein Stein laut ins Glas und alle schauen herüber und warten auf Sanktionsmaßnahmen. Muß man nun zur Strafe eine rote Tür schwarz anmalen?

Großbeerenstraße 54, 10965 Berlin-Kreuzberg

www.galander-berlin.de/

Hisar (Schöneberg)

Aus beruflichen Gründen komme ich öfters hier vorbei, habe das neue Gebäude hinter dem alten Imbiss wachsen sehen und mir immer vorgenommen, einzukehren. Nun war es also soweit, zur Mittagszeit.

Auf zwei Etagen bietet die Festung „~Hisar“ türkische Kost seit 2008 auf etwas elegantere Weise, als es der gleichnamige Imbiss daneben bereits seit 1986 macht.

Hochtrabend nennt sich die gewichtige Speisekarte das „Goldene Kochbuch des Sultans“.
Ergo lasse ich mich nieder auf einem der ungünstig positionierten 16 Stühle im Untergeschoss. Das Obergeschoss wird nur bei Bedarf oder für Gruppen hinzu genommen.

Serviertechnisch gilt die Maxime: Je leerer der Raum, desto langsamer der Kellner. Vermutlich soll ich noch intensiver die elegante Innenausstattung würdigen. In der Tat, sehr üppig. Eine Hütte voll orientalischem Barock. Dunkelrote Tischläufer und Wandbemalung, schicke Lampen, alles ist auf engstem Raum auf edel-elegant getrimmt und wirkt dadurch komplett überladen.

Niederträchtig überfordere ich den Kellner und erkundige mich nach der Tagessuppe.
Eichi: „Was ist denn heute die Tagessuppe?“
Kellner: „Mit Fleisch.“
Eichi: „??…??“
Kellner: „Kalbfleisch.“
Eichi: „Und sonst so? Brühe, Konsistenz, Gewürze?“
Kellner: „Ja, Gewürze sind auch drin.“
Ich sehe von einer Bestellung der Tagessuppe ab.

Der Kellner rächt sich an meinem nervigen Gefrage und erklärt mein Gericht für nicht verfügbar. Wir konsultieren gemeinsam die Tagestafel vor dem Häusel. Und in der Tat Weiterlesen

Azul (Kreuzberg)

Azul heißt „Blau“, soso! Für die „Operation Azul“ bezogen die tapferen Berliner Qyper am 11. Februar wacker Stellung im Kreuzberger Kampfgebiet im Herzen des alten SO36. Vor knapp 30 Jahren trainierten amerikanische Soldaten in dieser Gegend noch den Häuserkampf. Nur einen Gabelwurf entfernt, jenseits der Spree, war der kulinarische Klassenfeind kosttechnisch kampfbereit und durfte die Soljanka auslöffeln.

Heute ist hier eine Art Mitte, in der sich so einiges mischt und durchmengt.
Azul ist ja sprachlich eigentlich dem iberischen Sprachraum zuzuordnen. Wer sich allerdings Tapas-Platten verspricht, hofft vergebens. Weiterlesen

Jail (Kreuzberg)

Mein Lieblings Gefängnis. Hier ist prächtig einsitzen. Wer sich traut zu klingeln erhält ein gestreiftes Hemd, eine Nummer und wird am Tresen angekettet. Nein, halt, ich scherze nur.

Die Insassen sind freiwillig hier und versammeln sich um den Tresenblock, der die Raummitte ausfüllt. Schwarze Decke, rote Wände. Zahllose Bandplakate. Musik wird aufgelegt: Ska, Punk, Rockabilly, Soul, Reggae. So ist auch das Publikum. Hier Ducktails und Sideburns, da weiße Schminke, schwarzes Leder, silberne Ketten.
Zwischen Eingang und Tresen sind ein paar lederne Sitzgruppen. Darauf sitzen in letzter Zeit immer mehr Gruppen aus GB/USA und trinken Jägermeister. Steht das Jail etwa im Lonely Planet? Mist!
An Flaschenbier wird Becks und Astra gereicht. Hmm.

Ich denke immer, ich bin im ruhigen Séparée vom „Wild at Heart“.
Ein guter Ort, um Nachts um drei noch auf einen Absacker einzubuchten. Hat man seine Zeit abgesessen, wird man auf Bewährung entlassen. Obacht Gefahr: Der Laden ist komplett abgedunkelt. Gleißendes Sonnenlicht blendet bisweilen extremst, beim Verlassen des Zellentraktes.

Dieses Jail-Haus rockt.

Ohlauer Straße 3, 10999 Berlin-Kreuzberg
www.myspace.com/jail_bar

Café Obermaier (Kreuzberg)

Sieht es so aus, das neue Kreuzberg? Unspektakulär und hochpreisig?

Was wurde das hiesige Schnitzel gelobt! Super, toll, vielleicht das beste von janz Berlin…..
Da wollte, da musste ich hin. Und für 15.- Euronen erwartet man ja schon einiges.

Zwei nette alte Räume hat das Café Obermaier und auch einen hübschen Vorgarten. Schlicht sind die Räume gestaltet. Die Patina des Gründerzeitgebäudes wird an nackten Wänden schlicht ergänzt durch diverse Glühbirnen. Deko und Illumination in einem.
An manchen Tischen ist etwas ungeschickt bestuhlt, die Durchgänge werden eng. Mein Glück: an Tisch Nummer 6 in der hintersten Ecke überblickt man den Raum und das Geschehen sehr gut. Und sieht auch, was aus der mini-winz-klitzekleinen Küche so dahergetragen wird.

Die Getränke waren keine Schnäppchen, aber allesamt sehr gut. Das Lokal macht den Eindruck, die verarbeiteten Produkte sehr sorgfältig auszuwählen. Weiterlesen

Bar in der Mariannenstrasse (Kreuzberg)

Neue Cocktails für Kreuzberg. Sympathische Neueröffnung in dem Viertel rings um den Landwehrkanal, das derzeit immer öfter unter dem Namen „Kreuzkölln“ genannt wird.

Alles ist noch sehr frisch, man riecht noch einen Hauch von Malerarbeiten. Der Barbestand kann noch wachsen, das Grundsortiment ist durch alle Spirituosen hindurch schon hochwertig präsent.
Der Bartender hat schon in einigen Berliner Bars die Gäste bemixt, jetzt ist das eigene Projekt fällig. Man spürt Herzblut und Weiterlesen

Weltrestaurant Markthalle (Kreuzberg)

Es wäre auch ohne Herrn Lehmann gegangen. Nicht nur in Buch und Film, sondern auch in der wirklichen Welt ist der Schweinebraten mit Semmelknödeln eine wahre Wonne.

Jedesmal wieder lautet die Gewissensfrage: Braten oder Schnitzel, beides gut, beides um 11 Euro, beides solide handwerkliche Küche.
Es ist zudem eine frische Küche, tagesaktueller Mittagstisch mit zwei Gängen zu 7,50 wird geboten. Jeden Tag eine neue Suppe. Jetzt ist es aber bitte genug mit Hektik, Neuerungen, Veränderungen.

Der Zauber vom Weltrestaurant Markthalle liegt in der gelassenen Beständigkeit: Alles ist wie immer. Zeitlos. Unhip. Wundervoll.

Die alte Volksspeisehalle mit dunklen Wandpaneelen, Kerben in den Tischen, der düster blickenden Kreatur (nein, nicht hinterm Tresen) auf dem Weiterlesen