Rotisserie Weingrün (Mitte)

Ich bin ganz sicher: Endlich wird diese seltsame Ecke der Stadt auf einen weingrünen (Reben-)Zweig kommen.

Zuvor hatte sich hier glücklos das Restaurant „Gertraude“ versucht, wohl in der irrigen Annahme, Unmengen von Hochzeitsgesellschaften zu bewirten. Im wunderschönen historischen Gebäude zwischen Spittelmarkt und Petriplatz wurden früher Diamanten gehandelt. Heute nennt es sich „Hochzeitshaus“, in dem alle möglichen Dienstleistungen und Produkte  rund um das Heiraten angeboten werden. In die nette Rotisserie Weingrün dürfen auch Unverheiratete zu einem Schluck Wein und einem schönen Mahl einkehren.

Aus den Fenstern blickt man auf die alte Gertraudenbrücke, welche den Seitenarm der Spree überspannt, auf der eine Skulptur an die heilige Gertraude erinnert. Eine Multifunktions-Heilige, zu deren Zuständigkeitsbereich neben Pflanzenanbau und Rattenplagen auch die DSC02647Getränkeausgabe an Reisende zählt. Letzteres übernimmt statt ihrer  nun Herbert Beltle, der in Berlin bereits das Aigner am Gendarmenmarkt und das Alte Zollhaus in Kreuzberg bewirtschaftet. Beide Restaurants besuche  ich sehr gerne, daher erwartete ich auch an der neuen kulinarischen Stätte keine Enttäuschung.

Und so war es dann auch tatsächlich. Ein warmer, gemütlicher Raum empfängt den durstigen Reisenden. Holzgescheuerte Tische, die mit reichlich Weingläsern eingedeckt sind, ein freundliches „Willkommen“ des motivierten Personals und ein offener Hähnchengrill, an dem selbige Weiterlesen

Restaurant Entrecôte (Mitte)

Nach der garstigen Behandlung in der obdessen hassenswerten „Gendarmerie“ neulich, loderte der Zorn und brannte der Hunger. Was tun?

Die Wahl fiel auf Fred´s Restaurant „Entrecôte“. Ich weiß nicht, wer Fred ist, aber er schlägt sich wirklich wacker seit längerem in einer Gegend, in der DSC02611nach Büroschluss die Hose stirbt. Immer wieder vernachlässige ich dieses feine französische Fleischlokal und vergesse es für drei Monate. Warum nur? Wahrscheinlich, weil der Weg nie zufällig abends dort vorbei führt. Hier flaniert keiner entlang, so á la Savigny- oder Kollwitzplatz. Man muß es sich vornehmen.

Der schöne Raum ist groß und langgestreckt und birgt einige unterschiedliche Sitzoptionen, Nischen und Atmosphären. Auch für grössere Gruppen ist Platz, wobei diese denjenigen Gast selten stören, der eine intimere Stimmung schätzt. Groß genug ist es hier, alles verteilt sich angemessen.

Immer wieder der übliche Konflikt: Soll ich das bewährte bestellen, oder etwas neues probieren? Weiterlesen

Gendarmerie (Mitte)

Josef Laggner ist ´ne Bank. Rund um den Gendarmenmarkt geraten gastronomisch gestrandete Gestalten gemeinhin gerne in die Fänge des J.L. Kaum eine kulinarische Stätte dort, in der er nicht mitmischt. Na gut, ich glaube, R2D2-Aigner, Obi-Wan Fischers Fritz und Luke Malatesta-walker halten dem Imperium noch stand.

Josef Laggner hat ´ne Bank. Die Räume der vormaligen Disconto Credit-Gesellschaft müssen heute herhalten, um urbanes Flair á la Laggner zu verströmen. Vor einer Weile waren hier Stadt-Modelle der Senatsbauverwaltung ausgestellt. Jetzt sollen wohl städtische Models sich ausstellen. Für die sind die Tische reserviert. Alle Tische. Auch nachts um zehne, elfe.

Josef Laggner hat ´nen Määähtre. So soll der Hansel wohl genannt werden, der Besucher ohne Reservierung gruß- und auch sonst wortlos zu möglichst mittelmäßigen Plätzen führt. Immerhin nicht in den Keller. Das hatten wir am G-Markt ja auch schon. (Werbeeinblendung/Ratespiel! Was ist das: 1. Russische-Suppe-Kunst und 2. Barbecue-adelig? Unter den richtigen Einsendungen verlose ich ein Exemplar meines neuen Buches.)

Josef Laggner hat immer so ´nen grünen Janker mit Goldknöppen an. Das wirkt soooo….München. Ich möchte nicht bleiben, mich nicht weiter mies behandeln lassen, mag auch keinen Kir Royal. Sind wir bei Baby Schimmerlos? Wieauchimmer. J.L. ist zwei Gäste los.

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Behrenstraße 42,  10117 Berlin-Mitte

Afghan Village

Update: Dieses Restaurant wurde geschlossen.

Wer möchte in diesen Tagen die undankbare Aufgabe haben, ein afghanisches Restaurant zu betreiben? Kaum jemand kommt umhin, mehr DSC02544oder weniger kluge Bemerkung zur weltpolitischen Lage zu stammeln, kein Tisch kann das Thema UN-Resolution hier und ISAF-Truppen da umkurven. Dabei gilt doch die goldenen kommunikative Smalltalk-Regel: Keine Religion, keine Politik. Funktioniert an diesem Ort garantiert doppelt nicht.

Nicht einmal die Tatsache, dass ein blitzgescheiter, aus dem Dresdner Raum zugewanderter Ur-Berliner in diesem Haus beinahe ein Vierteljahrhundert gelebt hat, vermag zu inspirieren. „Pinsel-„Heinrich Zille war´s, womöglich ist ihm die Tatsache geschuldet, dass biertechnisch Berliner Kindl und Radeberger aus dem Hahn läuft.DSC02545

Jedenfalls: Küche auf afghanische Art kommt irgendwie zu kurz. Gähnende Leere herrschte an jenem Freitag Abend zwischen 20.00 und 22.30 Uhr. Unser Tisch blieb der einzig besetzte. (Besetzt klingt jetzt auch wieder DSC02546merkwürdig.)

Dabei machen die Dinge, die aus der Küche getragen werden richtig Vergnügen. Auf den ersten Blick erinnert naturgemäß einiges an die indische und die persische Küche. Spieße, Chutneys und gebackene Gemüse. Lamm an Basmati Reis ist auch dabei und der Begriff „Kebab“ klingt gerade in Berlin recht vertraut. Der Umgang und die Dosierung einiger Gewürze, beispielsweise Chili und Koriander, machen den besonderen Reiz aus.

Der freundliche Wirt beriet mich souverän, als ich mich nach den Gerichten erkundigte, die mir den besten Eindruck seiner Küche vermitteln würden. So wurde eine „Aasch“-Suppe (heißt wirklich so) bestellt, die Weiterlesen

Chefs Table im Vitrum (Mitte)

Besondere Anlässe erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Stürmen wir also die heiligen Hallen, auf zum Herd, hinein in die Arbeitsstätte von Meisterkoch Hendrik Otto.

DSC01589Die Küche im Restaurant Vitrum im Ritz-Carlton Hotel darf „gestürmt“ werden. Den Gästen wird hier ein ganz besonderes Kocherlebnis zuteil, denn es wird bestuhlt, gleich zwischen Soßenposten und Patisserie, um dem Bereiten der Speisen beizuwohnen und auch gleich zu verzehren. In Chicago, bei Charlie Trotter, durfte ich schon einmal ein solches Küchenerlebnis bestaunen und gierte seither nach einer Wiederholung.

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Ein 6-Gänge-Menü mit Weinbegleitung steht auf dem Programm, bzw. auf der Kochmütze. Eine sehr hübsche Idee: Auf einer Kochmütze ist die Speiseabfolge aufgeführt, genau wie die Weinfolge und alle personell Mitwirkenden haben unterschrieben. DSC01600

Lese ich heute das Menü durch, so klingt das meiste eher schlicht, ganz ohne Tamtam: Hummer Favorit, Steinbutt mit Austerngel, Rotbarbe mit Calamaretti,  Eintopf von Blumenkohl, Rehbockrücken, Passionsfrucht. Hole ich mir aber die Erinnerungsbilder an die wundervollen Geschmacks-Kombinationen, die kunstvollen Tellergestaltungen und die vielen Küchengrüsse vor Augen, dann wird das Understatement der Aufzählung deutlich.DSC01599

Hendrik Otto, der Küchenchef und Nachfolger von Thomas Kellermann, ist ein freundlicher und fröhlicher Mensch und außerdem ein sympathischer Gastgeber. Schnell verfliegt die erste Zurückhaltung, die man als Gast mitbringt, beim Eindringen an den Arbeitsplatz eines anderen. Weiterlesen

Mao Thai am Fasanenplatz (Wilmersdorf)

Bitte nicht verwechseln mit dem gleichnamigen Restaurant im Prenzlauer Berg. Das Mao Thai in Wilmersdorf vermag die Freunde der thailändischen Küche zu verzaubern und sieht mich daher immer wieder.

DSC01683Das Restaurant. Ab und an darf das Ambiente auch für asiatische Küche einmal chic sein. Wir haben in Berlin gerade bei der Thai-Küche sehr gute Adressen im Imbiss-Bereich, unbestritten. Schlaue Beleuchtung, attraktives Kunsthandwerk, gefaltete Stoffservietten und hochwertige Weine dazu machen ebenfalls Spaß. Dann also zum Fasanenplatz.

Die Küche. Zu mehreren einzukehren macht sinn, dann kann mehr probiert werden und der Tisch verwandelt sich in ein opulentes optisches Werk, dessen Zerstörung dann wiederum andere Sinne betört. Klassiker der Suppenküche und Kokosmilch-Ausstattungen sind selbstverständlich DSC01678vorhanden, aber auch spannendere Kreationen, wie Garnelen, gebacken  in Sesamhülle, begleitet von Jakobsmuscheln mit würzigem Dip sorgen für Abwechslung.

Ente ist eine Spezialität des Hauses, ob als Hauptgericht oder als klare Brühe vorneweg. Außerordentlich aufregend überraschen Weiterlesen

China Restaurant Hot Spot (Charlottenburg)

Ein seltsamer und wenig einleuchtender Name für ein chinesisches Spezialitätenrestaurant. Googled man „Hot Spot Berlin“, so sind die meisten der 2,6 Millionen Treffer eher W-Lan oder Modeszenig relevant, als dass sie kulinarisches Interesse erwecken.
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In einer versteckten Seitenstraße des Kurfürstendamm nahe dem Adenauerplatz entdeckt man das Restaurant ausgerechnet in der Eisenzahnstraße. Sollte ein zähes Mahl bevorstehen?

Auch die Speisekarte kam mir merkwürdig vor. Kannte ich die nicht? Woher nur? Im Tai Ji in der Uhlandstraße hat die Karte das gleiche Format, die gleiche Chili-Schote-Bedeutet-Schärfe Symbolik, die gleiche Aufteilung. Einige der Gerichte Weiterlesen

Hisar (Schöneberg)

Aus beruflichen Gründen komme ich öfters hier vorbei, habe das neue Gebäude hinter dem alten Imbiss wachsen sehen und mir immer vorgenommen, einzukehren. Nun war es also soweit, zur Mittagszeit.

Auf zwei Etagen bietet die Festung „~Hisar“ türkische Kost seit 2008 auf etwas elegantere Weise, als es der gleichnamige Imbiss daneben bereits seit 1986 macht.

Hochtrabend nennt sich die gewichtige Speisekarte das „Goldene Kochbuch des Sultans“.
Ergo lasse ich mich nieder auf einem der ungünstig positionierten 16 Stühle im Untergeschoss. Das Obergeschoss wird nur bei Bedarf oder für Gruppen hinzu genommen.

Serviertechnisch gilt die Maxime: Je leerer der Raum, desto langsamer der Kellner. Vermutlich soll ich noch intensiver die elegante Innenausstattung würdigen. In der Tat, sehr üppig. Eine Hütte voll orientalischem Barock. Dunkelrote Tischläufer und Wandbemalung, schicke Lampen, alles ist auf engstem Raum auf edel-elegant getrimmt und wirkt dadurch komplett überladen.

Niederträchtig überfordere ich den Kellner und erkundige mich nach der Tagessuppe.
Eichi: „Was ist denn heute die Tagessuppe?“
Kellner: „Mit Fleisch.“
Eichi: „??…??“
Kellner: „Kalbfleisch.“
Eichi: „Und sonst so? Brühe, Konsistenz, Gewürze?“
Kellner: „Ja, Gewürze sind auch drin.“
Ich sehe von einer Bestellung der Tagessuppe ab.

Der Kellner rächt sich an meinem nervigen Gefrage und erklärt mein Gericht für nicht verfügbar. Wir konsultieren gemeinsam die Tagestafel vor dem Häusel. Und in der Tat Weiterlesen

Tuk-Tuk (Schöneberg)

Ein Outing: Ich bin süchtig nach der Erdnuss-Sosse im Tuk-Tuk. Es ist daher höchst löblich, dass dieses lustige kleine Lokal, dekoriert im Stile eines Balinesischen Dorfes durch mehrere Räume hindurch, variantenreiche dsc01272Reistafeln anbietet. Ansonsten würde ich vermutlich nie auch die anderen Köstlichkeiten der indonesischen Küche verkosten können.

Seit stolzen 25 Jahren betreibt eine herzliche Wirtsfamilie am Schöneberger Kleistpark diese Stätte des Saté-Segens. Wie ein Kurz-Urlaub auf Java oder Bali (naja, vielleicht nicht ganz…) zu den Gamelan-Klängen, die über den Bambus-Dekorationen wabern.

Die Raumaufteilung ist geschickt gelöst und ermöglicht eine nette und intime Atmosphäre in kleiner Runde hier, genauso wie eine große Tafel für eine größere Gruppe dort. Weiterlesen

Brunch des Restaurant Quarré im Hotel Adlon (Mitte)

Mit ziemlich hoher Wahrscheinlich der beste Sonntags-Brunch der Stadt.

Für Berliner ist der Pariser Platz an einem Sonntag Mittag kein attraktiver Ort des Verweilens, wenn Horden von Besuchern am Brandenburger Tor vorbei ziehen, um sich dann mit dem üblichen touristischen Firlefanz (wie „El Condor Pasa“-Kapellen, den Pferdeäpfeln der bemitleidenswerten Kutschgäule, oder ganzkörpergeschminkten Vopos für Fotos) konfrontiert zu sehen.

Daher schnell über den Platz gehuscht und hinein ins Restaurant Quarré im Adlon, wo sonntäglich von 12 bis 15 Uhr eine Vorstufe zum Schlaraffenland präsentiert wird.
dsc02102Von Austern über das Rinderentrecôte zum Schokoladebrunnen, vom in Paprika gebeizten Lachs über die Fischessenz mit Zitronengras zur Crèpe-Station, wo der vielbeschäftigte Bäcker 1001e Variation bereitet.

Der Preis des Vergnügens beträgt 68.- Euro inklusive eines Glases Geldermann Sekt. Kaffee, Säfte und Wasser sind darin enthalten.
Das ist der gleiche Preis, wie beim derzeit härtesten Konkurrenten für den Sonntagsbrunch, der Brasserie Desbrosses im Ritz-Carlton am Potsdamer Platz.
Wer hat die Nase vorn? Das ist nicht leicht zu entscheiden. Nach meinem dsc02111Dafürhalten ist Auswahl und vor allem die überragende Qualität der Speisen im Quarré einen Hauch interessanter, der Service im Ritz-Carlton bleibt phänomenal und umsorgt perfekt. Da ist im Adlon in Sachen Aufmerksamkeit und Souveränität noch ein wenig Luft nach oben.

(Natürlich nur bei diesem ungerechten Vergleich. Wo in der Welt wird man traumhafter behandelt, als in einem Ritz-Carlton?)

Wer Champagner all-you-can-drink möchte, muss 98.- Euro kalkulieren.

Die Auswahl der Speisen ist phänomenal. Weiterlesen