Tröstlicher Tropfen zum fortschreitenden altern

Ich möchte nie in Hohenschönhausen leben! Wenn man vor kurzem erst den 40-sten Jahrestag des eigenen Wiegenfestes begangen hat, wird man womöglich etwas dünnhäutiger.

Eben war man noch ein munterer thirty-something, der das Leben noch vor sich hat. Plötzlich leert sich die tückische Sanduhr des Lebens und die große, böse 50 rückt rapide in Reichweite.

Besonders übel wird dieser drohende Verfall, diese fortschreitende Ahnung des Welkens dann, wenn diverse Einrichtungen darauf verweisen, dass man

Wir ab 50

Wir ab 50

nicht mehr weit von ihren Klauen entfernt ist. Man spürt ein neues Gefühl von „Zielgruppe“. Extrem perfide verdeutlicht dies eine Einrichtung in Hohen- schönhausen: „Paritätisches Seniorenwohnen Dr. Victor Aronstein“. Der muntere Seniorenkreis mit der Begegnungsstätte „Wir ab 50“ freut sich über gemeinsamen Erbsensuppenverzehr und den Auftritt von Gitarren-Johnny, der alten Stimmungskanone. Bald ist es soweit. Der Countdown läuft.

Welchen tröstlichen Tropfen wähle ich nun, um mit traurigem Trinken dem Tiefpunkt zu trotzen? Immerhin: Alkohol konserviert und hilft, das Phänomen „Wir ab 50 in Hohenschönhausen“ zu verdrängen.

Vertrauensvoll wende ich mich an meinen liebsten Whisky-Laden, gelegen im Schöneberger Kiez am Winterfeldtplatz – Finest Whisky. Uwe Wagmüller hat die passenden Getränke parat, um mein Leid zu lindern:

Einen feinen und eleganten Highland Park, 25 Jahre alt, aus der großartigen „Scottish Castles“ Reihe von Jack Wiebers. 2007 auf die Flasche gekommen und mittlerweile leider recht rar.

Danach ein Sherry-gereifter 1995er Imperial aus der Reihe „The Exclusive

Wir ab 50 - reloaded

Wir ab 50 – reloaded

Malts“ mit tiefen, saftigen Aromen recht süßer Früchte (Rosinen in Sirup?), feistem Holz und deutlicher Sherry-Abrundung. Er ist 15 Jahre alt.

Wahlweise verraten Adam Riese oder der Taschenrechner, dass wir damit 40 Jahre beieinander hätten. Die beste Nachricht: Fassstärke! Beide liegen in ihrem Alkoholgehalt über 50. Merke: Ab 50 wird es erst so richtig interessant.

Tröstlicher Tropfen – S-Bahn Berlin

Abweichende Betriebssituation“ lautet die lyrische Formulierung der S-Bahn Berlin zu dem,  was gerade verkehrstechnisch auf der Schiene läuft/fährt, beziehungsweise nicht läuft/fährt.

Vorsicht bei der Einfahrt?

Vorsicht bei der Einfahrt?

Der Stadtrand ist abgeschnitten. Zurecht, denkt sich bestimmt der Bahn-Vorstand. Wer will schon nach Strausberg-Nord, Spandau, Hennigsdorf oder Wartenberg? Unsere Fahrgäste sind doch eh alles Wut-Bürger, da fällt ein wenig mehr Aufregung gar nicht auf. Sollen die Berliner doch kuschelig zusammen rücken, auf den vereisten Bahnsteigen oder in den verkürzten Zügen.

Der Verkehrsminister? Der ist ja bestimmt nicht nur sauer, der ist sogar Ramsauer! Eine Sprecherin erklärt, er verstehe den Ärger der Fahrgäste! Jawollja. Na, danke. An der neu beschlossenen jährlichen Gewinnabführung der Bahn an den Bund in Höhe von 500 Millionen, sei aber nicht zu rütteln, abweichende Betriebssituation bei der S-Bahn hin oder her. Bekommt Berlin dafür wenigstens beheizte Radwege?

Aber: Wir sind selber schuld! Wir, die Fahrgäste. Unser ruhmreicher Verband, DBV (=Deutscher Bahnkunden Verband), zeichnete den Chef der S-Bahn, Peter Buchner, Anfang Oktober mit dem, vermutlich zurecht unbekannten, Schienenverkehrs Preis 2010 aus. Die überaus traurige Laudatio hält als Höhepunkt für uns die Leistung bereit, Buchner habe sich den Fragen der Fahrgäste gestellt. Bravo. Hoho, wird sich Herr Buchner mit seinem Beraterstab gedacht haben. „Solche Fahrgäste können wir ruhig in der Kälte stehen lassen. Die sind anscheinend so doof, die sagen auch noch „danke schön“. Da erhöhen wir doch gleich noch die (Fahr-?)Preise zum 1. Januar, schließlich verbringen die Leute derzeit ja auch viel mehr Zeit auf unseren Anlagen.

Kurz nach der Preisverleihung wurden kritische Stimmen aus den Reihen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) laut, ob die S-Bahn denn wohl auf den kommenden Winter vernünftig vorbereitet wäre. Empört wies die Bahn zurück: „Die Führung der S-Bahn hat sich gegen Kritik am weiterhin eingeschränkten Zugverkehr verteidigt und Vorwürfe zurückgewiesen, man sei nicht ausreichend auf den nächsten Winter vorbereitet,“ zitiert der Tagesspiegel am 8.10.2010. Unser Herr Buchner setzt noch einen drauf und prescht forsch voran: solche Aussagen hätten „die Kunden unnötig alarmiert“.

Im gleichen Artikel kommt auch unser Regierender Bürgermeister zu Wort, der mit klarem Blick die Situation erfasst und als „hochkomplex und kompliziert“ beschreibt. Trostlos-traurig-faszinierend liest sich jener Tagesspiegel Artikel heute: http://www.tagesspiegel.de/berlin/verkehr/chefs-sehen-s-bahn-fuer-winter-gut-geruestet/1951836.html

Vermutlich ärgert sich Herr Buchner mächtig, dass er es in der legendären Liste zum Jahresende im Stadtmagazin Tip der „Peinlichsten Berliner 2010“ (in der aktuellen Ausgabe!) nur Platz zwei erreicht hat. Im Hintergrund hören wir den DBV bieder dem Platz-Zwo-Preisträger applaudieren.

Welchen tröstlichen Tropfen wähle ich nun, um mit traurigem Trinken dem Tiefpunkt zu trotzen? Erst dachte ich an einen Whisky aus der großartigen „Old Train Line“ Serie von Jack Wiebers, aber der Whisky ist einfach zu edel für diesen Anlass. Nun gibt es stattdessen einen deutschen Jamaica Rum: Robinson 55. Gestrandet auf einer einsamen Bahnstation, harrt Robinson, ob er in der Ferne ein Verkehrsmittel erspäht, welches ihn aus seiner kargen Bahnsteiginsel befreit.

Robinson 55%

Robinson 55%

Ein sehr ordentlicher Rum wie ich finde (zumindest die Abfüllung mit den 55%) für kleines Geld, um die 15 Euro. Erhältlich beispielsweise im Ullrich Supermarkt am Bahnhof Zoo, gleich unter dem S-Bahnsteig…..

Der Barkeeper im Sozialismus

Wir mixen! So lautet der Titel und somit die beinahe trotzige Aufforderung des Cocktailbuches der DDR.

Udo Henseler und Bernhard Weichsel heißen die Autoren des Werkes, das 1958 erstmals im Fachbuchverlag Leipzig (kurz darauf VEB Fachbuchverlag Leipzig) erschien. Es sollten etliche weitere Auflagen folgen. Die letzte, die in meine Hände geriet, ist die 19. Auflage von 1985.

Wir mixen uns durch zahlreiche Auflagen

Wir mixen uns durch zahlreiche Auflagen

Diese Buch ist ein Stück Kulturgeschichte der DDR, vor allem wenn man genauer hinsieht, wie sich das Buch durch die Jahre verändert hat. Und auch, was sich nie verändert hat. Elf der Auflagen konnte ich mir ansehen und durfte einige faszinierende Details dabei entdecken.

Die frühen Auflagen der 1950-er Jahre gehen entspannt und unpolitisch an das Thema Mischgetränke heran. Selbstverständlich wird oftmals versucht, englischsprachige Begriffe zu vermeiden („Für die Herstellung von Mischgetränken ist der Schüttelbecher von besonderer Bedeutung“), aber wie soll das beim Thema Hahnenschwanz dauerhaft funktionieren?

Man lernt: Mysteriöse Pantschereien sind verpönt, die Milchbar genießt hohes Ansehen und sauberes Arbeiten wird dringend angemahnt. Die frühen Ausgaben verfügen am Ende des Buches zudem über Weiterlesen

Bar Convent Berlin – BCB 2010

Der Postbahnhof am Ostbahnhof stellte auch in diesem Jahr wieder die Bühne für ein grandioses Treffen der Barkultur. Die Damen und Herren von Mixology stellten erneut ein umfangreiches Programm zusammen und konnten Barprominenz und Experten aus aller Welt gewinnen, um Fachwissen zu verbreiten, Produktneuheiten zu präsentieren,  fachzusimpeln und netzzuwerken, schöne Drinks zu bereiten und Durchhaltevermögen zu beweisen.

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Was gefiel mir besonders? Oder auch nicht?!

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Mysteriöse Post von Barworkz

Ich mag es, wenn der Postbote Sendungen bringt, die Getränke enthalten. Heute gab es Rätselhaftes aus der Holzbox von Barworkz.

Jene Barberater  schickten einen unbeschrifteten Flakon. Zuvor war bereits aus dem Dunstkreis von Mixology eine Sendung zu Prüfzwecken angekündigt worden.

Zaubertrank?

Zaubertrank?

Rasch geöffnet, verströmte der Duft die Aura von Holz, wie er für Cognac und Armagnac typisch ist. Nicht wenige Spirituosen-Verkostungen der letzten Zeit führten jedoch aufs Glatteis. Mit ein wenig Luft dringt dann jedoch eine Rum-Charakteristik durch, wie ich sie schätze. Eher aromatisch-alkoholisch geprägt und nicht ganz so klebrig-karamellig, wie das Melasse-Destillat zuweilen daher kommt (warum die Leute beispielsweise den Diplomatico so begehren, muss ich nicht verstehen, gell?). Ich wurde jedenfalls erinnert an einige angenehme Panama- oder Demerara-Tropfen.

Nun bin ich natürlich gespannt auf des Rätsels Lösung.

www.barworkz.de

www.mixology.eu

www.barconvent.de

Weisse Hunde soll man nicht…trinken!?

Marlene Dietrich bezeichnete einmal ihre Schauspielerkollegin Tallulah Bankhead als „die unmoralischste Frau, die jemals gelebt hat“. Die letzten Worte der exzentrischen Dame lauteten: „Cordeine….Bourbon“.

Ich selbst hatte vor wenigen Tagen das außerordentliche Vergnügen, nicht einen letzten, sondern einen ersten Bourbon Whiskey zu probieren.

Der Wunsch nach Cocktails trieb mich wieder einmal in die Triobar, in der ich die illustre Schar der üblichen Verdächtigen wähnte, was sich als Irrtum herausstellte. So genoss ich das Privileg, mit Mr. Triobar plaudern, fachsimpeln und probieren zu dürfen. Einige interessante Neuheiten sowie köstliche Raritäten kamen dabei ins Glas.

Besonders spannend für mich war, erstmalig einen ungelagerten,jungen

Flüssiger Weisser Hund

Flüssiger Weisser Hund

Bourbon verkosten zu können, der niemals ein Holzfass von innen sah. „Less than one day old“ vermerkt ein Schriftzug.

White Dog nennt sich das junge Destillat, bevor es in die Eichenfässer wandert. In USA gelten Weiterlesen

Whisky und Wasser

„Wenn mich jemand fragt, ob ich Wasser zu meinem Scotch möchte, antworte ich, dass ich durstig bin und nicht schmutzig“ erklärte einst der amerikanische Sänger und Komödiant Joe E. Lewis.

Bestimmt hätte aber auch ihm die Eröffnungsveranstaltung des 10. Cöpenicker Whisky Herbstes gefallen. Trotz des vielen Wassers! Für das P1000020Jubiläumsjahr hatten sich die Organisatoren mit tatkräftiger Unterstützung aus den Reihen der Classic Malts Selection in diesem Jahr eine ganz besondere und sehr schöne Veranstaltung einfallen lassen, eine Schifffahrt auf den Köpenicker Gewässern. Das Motto hieß demnach quasi: Malt auf der Müggel, ein Dram an Deck und Single Malt zur See .

Mit 60 Whiskyfreunden besetzt stach die „Babelsberg“ relativ weit von ihrem namens gebenden Ort zu Genuss und Geselligkeit in See. Unterwegs wurden nach einem sehr pfiffig überlegten Ablaufplan verschiedene Whiskies eingeschenkt und vorgestellt. Die Präsentation übernahm kein geringerer als Charlie Smith, ehemaliger Destillerie Manager von Talisker, der nicht nur mit seiner Erfahrung und Kompetenz, sondern vor allem durch seine charismatische Erscheinung und seinen augenzwinkernden Witz die Zuhörer begeisterte und sicher auch einigen der anwesenden Fachleute noch Erhellendes vermitteln konnte.

Unterwegs und zwischendurch ergaben sich auf Müggelsee und entlang der Kanäle viele schöne Gespräche rund um den Single Malt. Der Wetterbericht P1000012hatte eigentlich noch zusätzliches Wasser von oben angekündigt, glücklicherweise wurden die Freunde der schottischen Getränke dann doch von schottischem Wetter verschont, so dass es viele auf das sonnig-windige Oberdeck zog. Anfänglich sehr intensiv begleitet von schottischen Dudelsackklängen, was ein wenig gesprächserschwerend wirkte und mancher sich gewünscht hätte, das schottische Nationalinstrument wäre die Triangel geworden.

Der Whisky war fein, die Gesellschaft angenehm und die Stimmung sehr entspannt. Eine gelungene Auftaktveranstaltung für den Whisky Herbst und  auch der Ehrengast, Charlie Smith,  trug ein zufriedenes Lächeln im Gesicht P1000015und ein gefülltes Glas Talisker in der Hand. Sicher würde er Joe E. Lewis beipflichten, als dieser klarstellte: „Ich misstraue Kamelen und jedem anderen, der eine Woche ohne Drink auskommt.“

www.whisky-herbst.de

www.malts.com

P1000024

Finest Whisky (Schöneberg)

Der Eingangsbereich ist ganz schmal, so dass man leicht daran vorbei laufen kann. (Vor allem, wenn man zügig auf dem Weg in die benachbarte Green Door Bar ist.) Der Eintritt lohnt sehr, vor allem für Whisky-Freunde.

Obwohl es diesen Spirituosenladen erst seit Herbst 2008 gibt, findet sich im DSC02500Inneren eine fantastische Auswahl an erlesensten Tropfen. Auch spannende Raritäten, die andernorts bereits ausverkauft sind, füllen die Regale. Ich meine, locker 30 verschiedene Abfüllungen von Port Ellen gezählt zu haben und selbst die alten Abfüllungen von Macallan sind reichlich vertreten.
Die Präsentation der Flaschen auf sehnswerten dicken Holzbalken erstreckt sich durch drei(!) Räume.

Etliche der besten unabhängigen Abfüller und Serien ergänzen die Standard-Abfüllungen. So viele Flaschen von „Duncan Taylor“ habe ich selten auf einmal zu sehen bekommen. Von Jack Wiebers sind mehrere Serien vorhanden (Scottish Castles, Cross Hill, Old Train Line, etc.) usw. Umfangreich Weiterlesen

Gourmétage (Charlottenburg)

Direkt am Außen-Rauch-Bereich der Wilmersdorfer Arkaden sind Laden und Schaufenster reichlich gefüllt mit allerlei Zutaten für den potentiellen Genussmenschen. Hustend begibt man sich hinein – auch drinnen gibt es Geräuchertes – und stößt auf ein Sortiment von gourmettechnischer Durchschnittlichkeit zu ziemlich hohen Preisen.

Gewürze, frische Antipasti, viel Wein, Weiterlesen

Likörfabrik am IfgB (Wedding)

Konkurrenz für Leydicke. Neue Liköre braucht das Land. Hier kann jeder nicht nur verkosten und kaufen, nein: es gibt auch Seminare, Führungen und Kurse zur Likörherstellung.

Lustig ist die Verkostung, bei der es heitere fünf Destillate ins Glas gibt. Mühsamer ist da schon das Produktionsseminar. Unter fachkundiger und sehr geduldiger Anleitung geht es in gut drei Stunden vom Ausmessen, Destillieren und Abfüllen bis zum eigenen Etikett. Prost.

Das Faszinierende ist: ein moderner Fabrikationsbetrieb, der auf historischen Geräten und Maschinen arbeitet und schult – am Institut für Gärungsgewerbe und Biotechnologie (so die Entschlüsselung der Abk.)

So bekommt der Likör womöglich eine Wiedergeburt und wird Trendgetränk: Bockbierlikör, Edel-Pomeranze und natürlich Saurer mit Persico werden ergänzt durch Kurfürstlichen Magenbitter, Gin und Vodka.
Einige der Produkte schenkt selbst Käfer im Reichstag aus. Für die Abgeordneten?

Seestraße 13, 13353 Berlin-Wedding
www.likoerfabrik-berlin.de