Geselliges Gerstensaft Gewusel – Biermeile Berlin Teil 1

Teil 1: Was war richtig prima auf der Biermeile? Zum 15. Mal fand in diesem Jahr das Internationale Berliner Bierfestival auf der Karl-Marx-Allee (aka Stalinallee) in Friedrichshain statt. Glücklicherweise zähle ich nicht zu den Anwohnern dort, die sich einer dreitägigen…na, nennen wir es neutral einfach „Veranstaltung“….ausgesetzt sahen. Sehen mussten. Der Veranstalter bat die Einheimischen um Verständnis, wenn es ab und an einmal etwas „lauter und fröhlicher wird, als sonst“.

Berliner Universalkrügerl

Berliner Universalkrügerl

Meine Besuche erfolgten recht früh, um die Mittagszeit herum, als die Wege und Stände noch einigermassen frei zugänglich waren, die teilweise köstlichen Biere mit Ruhe und Sorgfalt gezapft wurden und die Zahl von Schnapsleichen, uniformierten Saufexpeditionen und Junggesellenabschieden noch im Rahmen blieb.

Unter diesen Bedingungen war die Biermeile richtig toll und bot zahlreiche Genüsse. (Die Abgründe werde ich in Teil 2 skizzieren.)

1. Eine schöne Idee ist der Biermeilen-Krug mit dem hässlichen Bären-Logo und einem Inhalt von 0,2 Litern. An vielen Ständen, die durch ein Symbol gekenntzeichnet sind, kann man sich den Krug zum Vorzugspreis von 1,50 Euro befüllen lassen. An absolut jedem Stand wurde der Krug vorher sorgfältig gereinigt und ausgespült.

2. Ein Highlight war die Brauerei Riegele aus meiner Geburtsstadt Augsburg, die unter anderem ihr vielfach ausgezeichnetes, großartiges „Commerzienrat“ Festbier ausschenkte.

3. Ein Bier, welches mich in den letzten Monaten sehr begeistert hat, das aber ganz selten vom Hahn zu haben ist, durfte ich extrem frisch und wohltemperiert geniessen: Hoegaarden Bière Blanche. Eine wunderbare Varition eines Weißbieres aus Belgien.

4. Die beste Weiterlesen

Arrogantes Bier für Berlin

Biertechnisch geschieht gerade so manches, was Lust auf mehr macht. Besonders die Moabiter dürfen sich gewaltig freuen über die Entwicklungen der letzten Monate. Einerseits zog der Brewbaker in die Arminius-Markthalle und braut dort köstliche Spezialitäten, weiterhin steht bei Getränke Töpper (Bugenhagen- Ecke Bredowstraße) einen Steinwurf von der Halle entfernt, eine anständige Auswahl an Bierspezialitäten aus Belgien, England und Deutschland parat.

Vor allem aber in der Kirchstraße hat Bier ein neues Zuhause bei Rainer Wallisser gefunden. Hier wird der Betreiber von „Wein Kultur“ seinem Geschäftsnamen allmählich untreu, indem er mit dem Berlin Bier Shop dort eine wachsende Auswahl rarer Bierspezialitäten anbietet. Besonders die Freunde von aromatisch und bitter gehopften Bieren kommen dort voll auf ihre Kosten. Neben bewährten Klassikern, beispielsweise aus dem Hause Fuller´s, gibt es die eher seltenen Produkte von Brew Dog, Fritzale, Anchor Steam und allerhand aus Belgien. So manche Spezialität führt den Bier-Gaumen zu hopfentechnischen Grenzerfahrungen, wie beispielsweise das dänische „First Frontier IPA“.

Vertreibt Bier Dämonen?

Vertreibt Bier Dämonen?

Ein Brauunternehmen, das ebenfalls die hopfenintensive Philosophie des Bieres pflegt und forciert, war im Juli zu Gast bei Rainer Wallisser: Stone Brewing Co. aus Escondido, California.

Der Abend begann mit einer Verkostung der Brewbaker Biere. Braumeister Michael Schwab kam persönlich vorbei, um zu der international besetzten Verkostungsrunde zu stoßen und brachte einige seiner aktuellen Biere, wie auch einige Prototypen der Zukunft zum probieren mit (ich freue mich bereits auf einen Gerstensaft, der unter dem Arbeitstitel „Olivia“ auftrat und ganz vorzüglich schmeckte).

Den zweiten Teil des Abends bestritt Weiterlesen

Alles neu macht der Juli!?

So, endlich kommt wieder Leben in die Bude.

Im Eichi Blog war es in den vergangenen Wochen eher ruhig. Zu ruhig. Das wird sich jetzt wieder ändern.

Was habe ich in der Zwischenzeit getrieben? Natürlich habe ich das üblich nutzlose Wissen angesammelt und erfahren, dass der Slogan „Yes we can“ eigentlich von Bob dem Baumeister stammt, dass jeder sechste Internist in Deutschland schon einmal von einem Patienten verprügelt wurde und dass Eichhörnchen auf Litauisch Wowereit heißt.

Gefunden hinterm Kino Babylon in Mitte

Gefunden hinterm Kino Babylon in Mitte

Wenn es im Blog still ist, dann schreibt Eichi meist an anderen Projekten. Gut möglich, dass das Thema Bier hier in der nächsten Zeit ein wenig mehr Raum einnimmt, denn in den vergangenen Monaten habe ich mich aufopferungsvoll durch allerlei Gerstensäfte getrunken, woraus nun tatsächlich zum Herbst ein Buch wird. Bier kann ein wirkliches Vergnügen sein und wenn wir Glück haben, wird Deutschland und auch Berlin künftig die Gelegenheit haben, besser und interessanter zu trinken, als bisher. Wer beispielsweise in der Arminiushalle in Moabit zum „Brewbaker“ geht, oder am Alexanderplatz im Kaufhof die Biere am „Braufactum“-Stand probiert, ist im Bilde.

Ansonsten habe ich hier im Blog erstmal frisch begonnen, indem ich meine Favoriten-Empfehlungen überdacht und überarbeitet habe (angeregt durch die Frage von dondecomer nach dem Mao Thai). Man merkt doch, wie schnell es mit der Gastronomie oft geht. Wie schade, wie schnell so manche Neueröffnung abbaut. Und wie großartig, wenn Beständigkeit auf Dauer hervorragenden Genuss garantiert.

Hier die Ergebnisse meiner Überarbeitung (die Neuzugänge sind fett markiert):

Das Noodles & Figli ist aus der Empfehlungsliste geflogen. Unverständlicherweise hat sich das großartige Betreiberpaar von der Spree an die Isar begeben. Ein Entschluss, der maximal aus bierrelevanter Hinsicht nachvollziehbar ist. Sehr schade, dass es auch das L´Ulivo di Elio im Bergmannkiez nicht mehr gibt.

Das Uma ist nach dem Weggang von Tim Raue nach wie vor eine solide Adresse mit inspirierter Küche in sehr besonderem Ambiente. Die benachbarte Shochu Bar scheint sich hingegen auf einem absteigenden Ast zu befinden. Zu filigranen Sake Grundgedanken wird nun polterig Berlinert. Das passt nicht so recht.

Dafür sorgt der neue Barchef, Herr Heißen, im Curtain Club im Ritz Carlton Hotel dafür, dass diese Bar wieder uneingeschränkt unter meinen Empfehlungen aufgelistet wird. Etwas unschlüssig bin ich noch bei der neuen Catwalk Bar im benachbarten Marriott. Sehr interessante Drinks, aber mehr Schatten als Licht beim Service-Personal.

Dann lieber demnächst wieder öfter zu Beckett´s Kopf. Was hier in die Gläser kommt, ist allerfeinste Mix-Kultur. Jedes Detail ist perfekt. Das Glas, das Eis und besonders diese fantastische Minze. Unbedingt einen Julep probieren! Und der Cognac-Sazerac ist für mich der beste der Stadt. Neuerdings überrascht Oliver Ebert durch die Verwendung von Arrak aus Indonesien als basis-Spirituose. Faszinierend.

Mein definitiver Lieblings-Japaner läßt mich regelmäßig nach Steglitz pilgern, wo das Udagawa ein unschlagbares traditionelles Sukiyaki bereitet. Die Konstante Qualität des Daitokai im Europa-Center macht sich derzeit dadurch bemerkbar, dass dort der 30. Geburtstag gefeiert wird. Leider sind die Preise am Abend doch sehr hoch, aber der Mittagstisch lohnt sich immer. Zum Jubiläum bietet dieses japanische Restaurant bis Ende August zudem ein recht lohnendes Geburtstags-Menü an.

Mit dem Kuchi (vor allem der Filiale in Charlottenburg) hält ein alter Klassiker Wiedereinzug in die Bestenliste. Die durchgearbeiteten Nächte der letzten Wochen haben deren Sushi und den Lieferdienst wieder extrem schätzen gelernt. Auf der Kippe steht gerade Mr. Hai Kabuki. Eine Unsitte greift derzeit in etlichen Restaurants um sich, die ich hier eigentlich nicht erwartet hätte. In letzter Zeit ist es mir öfters wiederfahren, dass ein Getränk oder ein Teller angeboten wird, bei dem der Gast den Eindruck bekommt, es handele sich dabei um eine freundliche Geste des Hauses. Die Geste findet sich dann anschliessend eher unfreundlich auf der Rechnung wieder. Bei Mr. Hai waren dies dann knappe 30.- Euronen. Eine Mail-Anfrage dazu blieb unbeantwortet. Allein aus nostalgischen Gründen steht diese Sushi Bar noch in der Bestenliste, das Sushi ist ja nach wie vor gut. Auf einen Besuch dort habe ich aktuell aber keine Lust.

Bei einem meiner China-Favoriten, dem Good Friends, schliesst die Küche jetzt eine Stunde früher, nämlich schon um 01.00 Uhr. Plötzlich merke ich, wie entscheidend diese Stunde zwischen ein und zwei Uhr Nachts für hungrige Nachtschwärmer doch sein kann. Den Ernst der Lage habe ich dem Herrn des Hauses dargelegt. Er versprach halbherzig, die Öffnungszeiten zu überdenken. Nun gut, eine Ecke weiter kocht das Aroma bis nachts um drei Uhr ebenfalls sehr gute kantonesische Küche. Dann geht es hungrig nächstens nächtens halt dorthin.

Zwei Orte schaffen es derzeit, mich jedes Mal mehr als glücklich zu machen, weswegen ich an dieser Stelle noch einmal ganz explizit das Dos Palillos mit seinen asiatischen Tapas loben möchte. Neu gibt es jetzt das Menü Tres Palillos, mit 20 umwerfenden Gängen. Und am Südstern das famose Noi Quattro, wenn es um frische und sehr inspirierte italienische Küche geht. Immer mit der Qual der Wahl zwischen den bewährten Klassikern und dem Überraschungsmenü.

Für Pizzafreunde kommt eine neue Adresse in die Liste, nämlich das Restaurant Paul am Kurfürstendamm. Zuweilen lese ich Beschwerden über das Servicepersonal, die ich keineswegs bestätigen kann. Freundlich und engagiert werde ich beraten und bekomme eine der besten Pizzen des Kontinents.

So, nun bekomme ich wieder Bierdurst und erwäge einen Besuch in der famosen Kneipe Goldesel in Charlottenburg, wo das Motto lautet: Stullen, Bier und Rock´n´Roll. Zu den leckeren Stullen werden 18 Biere angeboten. Darunter Köstlichkeiten wie Tegernseer Spezial und Hell, Aventinus Weizenbock, Andechser, Reissdorf Kölsch, Schlappe Seppel und – vor allem – das geniale Unertl Weißbier!

So. Jetzt aber Prost! Und bis bald!!

Selbstversuch: Schaumwein und Säbel

In dem aufschlussreichen Büchlein „Die Welt der Snobs – Leitfaden für Debütanten“, schreibt Antonius Moonen im Getränkekapitel: „Eine Flasche Champagner kann man übrigens auch säbeln. Aber dieses etwas gefährliche Verfahren sollten Sie ihrem Personal überlassen.“

Dummerweise hat mein Personal derzeit längerfristig Ausgang und daher ist

Kopflos

Kopflos

Eigeninitiative gefragt. Vor geraumer Zeit gelang es mir, auf einer Veranstaltung im Cigarrenmagazin Unter den Linden einen Champagner- vertreter dazu zu bewegen, seinen Säbel aus dem Fahrzeug zu holen, um den anwesenden Neugierigen den Umgang mit dem Champagner-Säbel zu demonstrieren.

Das wollte ich dann doch auch einmal ausprobieren. Mich der Lächerlichkeit Preis zu geben, bereitet mir keine Bedenken. Und so griff ich beherzt zu, als kürzlich ein Angebot der Firma Laguiole daherflatterte, in dem ein Champagner-Säbel zum Sonderpreis offeriert wurde. Dem Lehrgang „Flaschensäbeln für Anfänger“ stand also nichts mehr im Wege.

Geschichten um den Ursprung der Sabrage gibt es einige. Vermutlich waren es die Kavallerietruppen Napoleons, die mit Champagnerflaschen in Schlacht zogen, um ihren Sieg angemessen beprosten zu können. Der Eichi, der das Sabrieren (aus)üben möchte, muss sich hingegen auf allerlei Ungemach einstellen. Eines war klar: in der Wohnung die ersten Sabrierversuche zu wagen, würde höchstens dem ortsansässigen Glaser eine Freude bereiten.

Übungspark

Übungspark

In der Nähe meiner Heimstatt liegt nun ein kleiner Park, in dem sich morgens regelmäßig einige meditative Menschen versammeln, um unbewaffnet ihre Tai-Chi Übungen, wie  „Der Kranich, der sein Flügel ausbreitet“, zu vollführen. Ich wähnte diese Gestalten geistig gefestigt genug, um den Park mit einem Säbelträger zu teilen, der sich Ihnen für die Übung „Säbel, der durch den Flaschenhals gleitet“ anschließt.

In Erwartung kompletten Versagens, wollte ich keine meiner kostbaren Champagnerflaschen für das erste Experimentieren opfern. Sekte der Marken Rotkäppchen und Faber wurden in den Park getragen. Dumme Idee, da vergessen wurde, dass diese Billigmarken ja keine Korken-Korken,

Ausrüstung

Ausrüstung

sondern nur Plastik-Korken unter der Folie verbergen. Ein echter Kork ist jedoch Voraussetzung für das Gelingen der Sabrage. Trotzdem schlug und hieb ich wild auf die Bouteillen ein, um den Neigungswinkel der Flasche und das Gleiten des Säbels entlang der Naht am Flaschenhals zu üben.  Das Ergebnis war nur teilweise befriedigend: die Grundlagen des Sabrierens sind sehr offensichtlich und daher nicht übermäßig schwer zu erlernen. Einige verwirrt bellenden Hunde, zwei Mütter mit Kinderwägen, die einen beachtlichen Bogen um den Irren mit dem Säbel einlegten, drei Gestalten, die gleichfalls mit getränketechnischen Absichten im Park verweilten stellten ihre Tetra-Pak Weine beiseite und näherten sich neugierig. Eine emotional labile Nachbarin sah mich ebenfalls dort die

Der Mönch Dom Perignon hätte das anders gelöst...

Der Mönch Dom Perignon hätte das anders gelöst...

Hiebwaffe schwingen und erzählt nun, womöglich schwerwiegend traumatisiert, der Hausgemeinschaft von ihren Amok-Eindrücken des Herrn E. aus dem 1.OG.

Beim nächsten Versuch würde ich Sonnenbrille und Hut tragen, soviel stand fest. Glücklicherweise war heute ein entsprechend sonniger und freundlicher Tag, um abermals Angst und Schrecken unter harmlosen Charlottenburger Parkbesuchern zu verbreiten.

Für den Probe-Hieb sollte diesmal eine Flasche Rüttgers Club herhalten (übrig geblieben von meinem dämlichen Billigheimer-Plastikkorkenkauf), der aber im Zweifel die Tetra-Pakianer taktisch ablenken würde. Für den Ernstfall war ein überaus empfehlenswerter Blanc de Noir, Cremant de Bourgogne, von Paul Delane (erhältlich bei Rindchens Weinkontor) im Gepäck. Garantiert mit Korken-Korken.

Passend zum Anlass und auch zum Ort führte ich die Zeilen des Balladendichters Moritz Graf von Strachwitz (1822 bis 1847) auf den Lippen:

Schlage zum Himmel, Champagnergezisch,
Springe in silbernen Strudelkaskaden,
Schieße in pochenden
Bäumenden Fluten,
Fließe in kochenden
Schäumenden Gluten,
Ähnlich dem Bronnen der Quellennajaden,
Drin sich die Glieder der Artemis baden,
Tief in des Idas Cypressengebüsch.

Ob es Cypressengebüsche waren, welche mich im Park empfingen, vermag ich nicht zu sagen. Die Wermutbrüder waren jedenfalls wieder zugegen und auch die Hunde, die ich aber nicht zum Spielchen „bring den Korken“ verleiten mochte. Also säbelte ich diesmal in Richtung Westen und nicht auf die Wiese. Selbstverständlich sprudelt ein wenig Schaumwein nach dem Hieb heraus.

Forme die Perlen von silbernem Schaum,
Die sich erheben aus siedendem Spiegel,
Die in den spitzigen
Trichterpokalen
Funkelnd dem hitzigen
Sprudel entstrahlen,
Die aus der Flasche gebrochenem Siegel
Schweben und tanzen auf duftigem Flügel,
Steigen und sinken im goldigen Raum.

Ja, das Siegel war wohl gebrochen. Der Graf würde sich im Grabe wälzen, bei dem Gedanken, seine Zeilen im Rahmen einer Flasche Rüttgers Club angewandt zu ahnen. Meine Verkostungsnotiz beschränkt sich gleichfalls auf ein uninspiriertes „Bäh“. Also her mit dem feinen Cremant, jetzt wird die Sache ernst. Die Hand zittert, der erste Schlag geht fehl, der zweite muss es richten, wird es gelingen? Und dann:

Schlagt auf die Becher mit wirbelndem Schlag,
Dass sie erbrausen in rollendem Falle;
Lasst in den duftigen
Tiefen des Nasses
Tanzen die luftigen
Geister des Fasses,
Lasst sie in spritzendem, staubendem Falle
Stürzen aus blitzendem Becherkrystalle;
Kurz ist der Jugend moussierender Tag!

Hut ab: Kopf ab. Der köstliche Blanc de Noir erbraust in das mitgebrachte Gefäß um auf den Sabreur zu prosten. Na geht doch!

Unser snobistischer Lehrmeister, Antonius Moonen, würde pikiert die blasierte Nase rümpfen, da eigentlich -selbstverständlich- eine Flasche Krug  oder Roederer Cristal hätte herhalten müssen. Sabrage-technische Sponsoren können sich diesbezüglich sehr gerne bei mir melden.

Tröstlicher Tropfen zum fortschreitenden altern

Ich möchte nie in Hohenschönhausen leben! Wenn man vor kurzem erst den 40-sten Jahrestag des eigenen Wiegenfestes begangen hat, wird man womöglich etwas dünnhäutiger.

Eben war man noch ein munterer thirty-something, der das Leben noch vor sich hat. Plötzlich leert sich die tückische Sanduhr des Lebens und die große, böse 50 rückt rapide in Reichweite.

Besonders übel wird dieser drohende Verfall, diese fortschreitende Ahnung des Welkens dann, wenn diverse Einrichtungen darauf verweisen, dass man

Wir ab 50

Wir ab 50

nicht mehr weit von ihren Klauen entfernt ist. Man spürt ein neues Gefühl von „Zielgruppe“. Extrem perfide verdeutlicht dies eine Einrichtung in Hohen- schönhausen: „Paritätisches Seniorenwohnen Dr. Victor Aronstein“. Der muntere Seniorenkreis mit der Begegnungsstätte „Wir ab 50“ freut sich über gemeinsamen Erbsensuppenverzehr und den Auftritt von Gitarren-Johnny, der alten Stimmungskanone. Bald ist es soweit. Der Countdown läuft.

Welchen tröstlichen Tropfen wähle ich nun, um mit traurigem Trinken dem Tiefpunkt zu trotzen? Immerhin: Alkohol konserviert und hilft, das Phänomen „Wir ab 50 in Hohenschönhausen“ zu verdrängen.

Vertrauensvoll wende ich mich an meinen liebsten Whisky-Laden, gelegen im Schöneberger Kiez am Winterfeldtplatz – Finest Whisky. Uwe Wagmüller hat die passenden Getränke parat, um mein Leid zu lindern:

Einen feinen und eleganten Highland Park, 25 Jahre alt, aus der großartigen „Scottish Castles“ Reihe von Jack Wiebers. 2007 auf die Flasche gekommen und mittlerweile leider recht rar.

Danach ein Sherry-gereifter 1995er Imperial aus der Reihe „The Exclusive

Wir ab 50 - reloaded

Wir ab 50 – reloaded

Malts“ mit tiefen, saftigen Aromen recht süßer Früchte (Rosinen in Sirup?), feistem Holz und deutlicher Sherry-Abrundung. Er ist 15 Jahre alt.

Wahlweise verraten Adam Riese oder der Taschenrechner, dass wir damit 40 Jahre beieinander hätten. Die beste Nachricht: Fassstärke! Beide liegen in ihrem Alkoholgehalt über 50. Merke: Ab 50 wird es erst so richtig interessant.

Tröstlicher Tropfen – S-Bahn Berlin

Abweichende Betriebssituation“ lautet die lyrische Formulierung der S-Bahn Berlin zu dem,  was gerade verkehrstechnisch auf der Schiene läuft/fährt, beziehungsweise nicht läuft/fährt.

Vorsicht bei der Einfahrt?

Vorsicht bei der Einfahrt?

Der Stadtrand ist abgeschnitten. Zurecht, denkt sich bestimmt der Bahn-Vorstand. Wer will schon nach Strausberg-Nord, Spandau, Hennigsdorf oder Wartenberg? Unsere Fahrgäste sind doch eh alles Wut-Bürger, da fällt ein wenig mehr Aufregung gar nicht auf. Sollen die Berliner doch kuschelig zusammen rücken, auf den vereisten Bahnsteigen oder in den verkürzten Zügen.

Der Verkehrsminister? Der ist ja bestimmt nicht nur sauer, der ist sogar Ramsauer! Eine Sprecherin erklärt, er verstehe den Ärger der Fahrgäste! Jawollja. Na, danke. An der neu beschlossenen jährlichen Gewinnabführung der Bahn an den Bund in Höhe von 500 Millionen, sei aber nicht zu rütteln, abweichende Betriebssituation bei der S-Bahn hin oder her. Bekommt Berlin dafür wenigstens beheizte Radwege?

Aber: Wir sind selber schuld! Wir, die Fahrgäste. Unser ruhmreicher Verband, DBV (=Deutscher Bahnkunden Verband), zeichnete den Chef der S-Bahn, Peter Buchner, Anfang Oktober mit dem, vermutlich zurecht unbekannten, Schienenverkehrs Preis 2010 aus. Die überaus traurige Laudatio hält als Höhepunkt für uns die Leistung bereit, Buchner habe sich den Fragen der Fahrgäste gestellt. Bravo. Hoho, wird sich Herr Buchner mit seinem Beraterstab gedacht haben. „Solche Fahrgäste können wir ruhig in der Kälte stehen lassen. Die sind anscheinend so doof, die sagen auch noch „danke schön“. Da erhöhen wir doch gleich noch die (Fahr-?)Preise zum 1. Januar, schließlich verbringen die Leute derzeit ja auch viel mehr Zeit auf unseren Anlagen.

Kurz nach der Preisverleihung wurden kritische Stimmen aus den Reihen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) laut, ob die S-Bahn denn wohl auf den kommenden Winter vernünftig vorbereitet wäre. Empört wies die Bahn zurück: „Die Führung der S-Bahn hat sich gegen Kritik am weiterhin eingeschränkten Zugverkehr verteidigt und Vorwürfe zurückgewiesen, man sei nicht ausreichend auf den nächsten Winter vorbereitet,“ zitiert der Tagesspiegel am 8.10.2010. Unser Herr Buchner setzt noch einen drauf und prescht forsch voran: solche Aussagen hätten „die Kunden unnötig alarmiert“.

Im gleichen Artikel kommt auch unser Regierender Bürgermeister zu Wort, der mit klarem Blick die Situation erfasst und als „hochkomplex und kompliziert“ beschreibt. Trostlos-traurig-faszinierend liest sich jener Tagesspiegel Artikel heute: http://www.tagesspiegel.de/berlin/verkehr/chefs-sehen-s-bahn-fuer-winter-gut-geruestet/1951836.html

Vermutlich ärgert sich Herr Buchner mächtig, dass er es in der legendären Liste zum Jahresende im Stadtmagazin Tip der „Peinlichsten Berliner 2010“ (in der aktuellen Ausgabe!) nur Platz zwei erreicht hat. Im Hintergrund hören wir den DBV bieder dem Platz-Zwo-Preisträger applaudieren.

Welchen tröstlichen Tropfen wähle ich nun, um mit traurigem Trinken dem Tiefpunkt zu trotzen? Erst dachte ich an einen Whisky aus der großartigen „Old Train Line“ Serie von Jack Wiebers, aber der Whisky ist einfach zu edel für diesen Anlass. Nun gibt es stattdessen einen deutschen Jamaica Rum: Robinson 55. Gestrandet auf einer einsamen Bahnstation, harrt Robinson, ob er in der Ferne ein Verkehrsmittel erspäht, welches ihn aus seiner kargen Bahnsteiginsel befreit.

Robinson 55%

Robinson 55%

Ein sehr ordentlicher Rum wie ich finde (zumindest die Abfüllung mit den 55%) für kleines Geld, um die 15 Euro. Erhältlich beispielsweise im Ullrich Supermarkt am Bahnhof Zoo, gleich unter dem S-Bahnsteig…..

Der Barkeeper im Sozialismus

Wir mixen! So lautet der Titel und somit die beinahe trotzige Aufforderung des Cocktailbuches der DDR.

Udo Henseler und Bernhard Weichsel heißen die Autoren des Werkes, das 1958 erstmals im Fachbuchverlag Leipzig (kurz darauf VEB Fachbuchverlag Leipzig) erschien. Es sollten etliche weitere Auflagen folgen. Die letzte, die in meine Hände geriet, ist die 19. Auflage von 1985.

Wir mixen uns durch zahlreiche Auflagen

Wir mixen uns durch zahlreiche Auflagen

Diese Buch ist ein Stück Kulturgeschichte der DDR, vor allem wenn man genauer hinsieht, wie sich das Buch durch die Jahre verändert hat. Und auch, was sich nie verändert hat. Elf der Auflagen konnte ich mir ansehen und durfte einige faszinierende Details dabei entdecken.

Die frühen Auflagen der 1950-er Jahre gehen entspannt und unpolitisch an das Thema Mischgetränke heran. Selbstverständlich wird oftmals versucht, englischsprachige Begriffe zu vermeiden („Für die Herstellung von Mischgetränken ist der Schüttelbecher von besonderer Bedeutung“), aber wie soll das beim Thema Hahnenschwanz dauerhaft funktionieren?

Man lernt: Mysteriöse Pantschereien sind verpönt, die Milchbar genießt hohes Ansehen und sauberes Arbeiten wird dringend angemahnt. Die frühen Ausgaben verfügen am Ende des Buches zudem über Weiterlesen

Ich hab´Bock. Und manchmal sogar Doppelbock

Eine zu unrecht immens verkannte Spezialität in Deutschland ist: Bier.

Es stimmt mich traurig, wie nebensächlich und belanglos hierzulande oftmals mit dem anspruchsvollen Produkt umgegangen wird. Das halbherzig-szenige herumwedeln mit einer Flasche Becks oder Astra bedeutet durchaus noch nicht die Krone der Bierkultur.

Bock, Doppelbock und Einbeck

Bock, Doppelbock und Einbeck

Frankenbiere, Kölsch und Alt halten den regionalen Spezialitäten-Charakter noch einigermaßen hoch. Aber welcher Braumeister kümmert sich in Berlin beispielsweise um die regionale Spezialität Berliner Weisse? Welcher Gastwirt der Hauptstadt bietet klassische Saisonbiere wie Märzen, Bock, Doppelbock, Festbier, Eisbier oder Steinweizen an?

Wer weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt, bis die großen Getränkeriesen die individuellen Sorten mehr und mehr einstampfen und uns zu einem einheitlich-gemainstreamten Biergeschmack verdonnern? Wie entrüstet heulte der bundesrepublikanische Bierbauch auf, als bei der Fußball-WM Weiterlesen

Brote, Biere & Buletten

Es sind tatsächlich schon 30 Jahre, dass das BioBackHaus von Hans Leib die Berliner mit feinem Brot versorgt, dessen Geschmack, Zutaten und Qualität keinem Sandalen-Strickpulli-Öko-Dogma folgen, sondern die einfach chemiefrei, nah an der Natur und am Ende vor allem lecker sein sollen.

Eine Zeitspanne von 30 Jahren Backhandwerk beweisen nur allzu deutlich, dass das Grundbedürfnis nach gutem Brot mit diesem Sortiment vortrefflich bedient wird. Viel zu oft dürfen sich in Berlin grauenvolle Aufbackstuben mit dem Begriff „Bäckerei“ schmücken, mit dem sie so gar nichts mehr zu tun haben. Da wundert es kaum, dass der Bundespräsident sein Brot für Schloss Bellevue eigens aus dem fernen Hannover importieren lässt. Bald läuft der Vertrag jedoch aus und dann kommt zwangsläufig das BioBackHaus wieder ins Gespräch.

Rechts im Bild Hans Leib, daneben der Vortragende

Rechts im Bild Hans Leib, daneben der Vortragende

Zahlreiche Veranstaltungen begleiten das Jubiläumsjahr 2010 und so wurden beispielsweise im April  30 Meter Brot gebacken, dessen Kauf dem Kinderträume e.V. zu gute kam, der hilft,  lebensbedrohlich erkrankten Kindern einen Traum zu erfüllen. Im Juni ermöglichte der Tag der offenen Tür einen Einblick in die Hauptbäckerei in Falkensee. Im Herbst hatte ich selbst das Vergnügen, einen Beitrag zum Jubiläum bei zusteuern und durfte im Café des Stammhauses in Wilmersdorf den Vortrag „Brote, Biere und Buletten – Geschichten zur Versorgung hungriger Berliner“ halten. Weiterlesen

Bar Convent Berlin – BCB 2010

Der Postbahnhof am Ostbahnhof stellte auch in diesem Jahr wieder die Bühne für ein grandioses Treffen der Barkultur. Die Damen und Herren von Mixology stellten erneut ein umfangreiches Programm zusammen und konnten Barprominenz und Experten aus aller Welt gewinnen, um Fachwissen zu verbreiten, Produktneuheiten zu präsentieren,  fachzusimpeln und netzzuwerken, schöne Drinks zu bereiten und Durchhaltevermögen zu beweisen.

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Was gefiel mir besonders? Oder auch nicht?!

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